Heft 
(1902) 10
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7. (5. ausserordentliche) Versammlung des X. Vereinsjahres.

und der Kontrast dieser baufälligen Häuser zu dem stattlichen Bau des königlichen Schlosses liess wohl bei vielen Berlinern den Wunsch rege werden, dass hier ein Neubau errichtet werden möchte. Unserm kunst­sinnigen Kaiser ist es zu verdanken, dass endlich eine Änderung in dem Strassenbilde eintrat, denn er fasste um die Mitte der neunziger Jahre den Entschluss, an der Stelle jener nüchternen Häuser und des alten von König Friedrich I. errichteten Marstalles ein neues monumentales Gebäude zu errichten, das sich seiner Umgebung würdig anpassen und eine Zierde des Schlossplatzes werden sollte. Im Jahre 1896 wurde mit den Abbruchsarbeiten begonnen, und nach kaum dreijähriger Bau­periode steht der prächtige Bau in allen Teilen vollendet da.

Yon besonderer Wirkung sind an der dem Schlossplatz zugekehrten Fassade die acht Säulenpaare des Risalits, welche das mit dem preussischen Adler und Fahnen geschmückte Giebelfeld tragen und die einfache Gliederung der Sandsteinfassade anmutig unterbrechen. Auf der Höhe des Gebäudes läuft eine Säulengallerie um, welche an den Ecken des Mittelvorbaus mit Pferdebändigergruppen und an den Ecken des Hauses mit Kriegergestalten in antiker Gewandung und mit Waffen­trophäen geziert ist. Den Hauptschmuck der Fassade bilden die beiden von Otto Lessing modellierten Wandbrunnen, die in Nischen an den Ecken des Gebäudes aufgestellt und ebenfalls in Sandstein aus­geführt sind. Die Nische an der Kurfürstenbrücke zeigt eine Prometheus­gruppe. Der Heros ist an einen Felsen geschmiedet und versucht mit Anspannung aller Muskeln seine Fesseln zu sprengen, während der gierige Geier seine Fänge krallt, um sie seinem Opfer in die Brust zu schlagen. Unter dieser Gruppe bäumen sich drei Rosse, die Wellen des Meeres verkörpernd, aus deren Nüstern, gleich wie aus dem Felsen, Wasserstrahlen hervorsprudeln, und zwischen ihren Köpfen tauchen zwei reizende Okeaniden auf, von denen die eine den Geier abzuwehren sucht, während die andere sich betrübt abwendet. Die an der Breiten­strasse befindliche Nische zeigt die Befreiung der Andromeda durch Perseus. Auf einem Felsvorsprunge steht der Held, in der Linken den Schild mit dem Medusenhaupt, in der Rechten das kurze Schwert, mit dem er auf das Meerungeheuer losgeht, aus dessen Rachen ein Wasserstrahl aufspritzt. Rechts hinter dieser Gruppe sitzt die liebliche Gestalt der Andromeda, die mit Spannung den Ausgang des Kampfes erwartet, und neben ihr im Hintergründe erblickt man den geflügelten Pegasus.

Einfach und ohne Prunk, aber vornehm und in edlen archi­tektonischen Verhältnissen ist auch die innere Einrichtung gehalten. Betiitt man den Marstall durch die mit schönen eichenen Thüren verschlossenen Portale vom Schlossplatz aus, so gelangt man durch die hohe, gewölbte Vorhalle auf einen 45 in langen und 25 m

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