Heft 
(1902) 10
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8. (6. ausserordentliche) Versammlung des X. Vereinsjahres.

einen Stüljykorb mit beweglichem Bau, umkehrt. Man sieht dann, dass der Bau der Bienen aus zahlreichen regelmässig nebeneinander hängenden Platten, den Waben, besteht. Leicht kann man dann mit der Wabenzange die einzelnen Waben nebst den darauf befindlichen Bienen herausnehmen. Diese Manipulation wurde von Herrn Schulz und von seinem Bienenmeister in der Art ausgeführt, dass alle Einzel­heiten des Wabenbaues und des Lebens der Honigbiene deutlich gesehen wurden.

An den Waben erkennt man leicht die drei verschiedenen Formen von Zellen: die regelmässig sechseckigen Arbeiterzellen, die ihnen duichaus ähnlichen nur grösseren Drohnenzellen und die fingerhut­ähnlichen Königinzellen. Die letzteren sind der Wabe nur äusserlich angefügt; sie sind mit grossem Aufwande von Wachs erbaut, aber nur sehr einfach gestaltet. Dagegen sind die Arbeiterzellen und Drohnen­zellen so zieilich und so regelmässig gestaltet, dass die ganze Wabe wie ein Gewebe von allerhöchster künstlerischer Vollendung erscheint.

Zur Bereitung des Wachses und zum Bauen der Weben brauchen die Bienen sehr viel Zeit und Kraft, die sie besser zur Honiggewinnung verwenden könnten. Man unterstützt daher die Tiere bei dieser Arbeit sehr wirksam und vermehrt die Honigerträge, indem man ihnen halb­fertigen oder auch ganzfertigen Bau liefert. DieseKunstwaben werden von Herrn Schulz in besonderen sinnreich erdachten Maschinen fabrikmässig hergestellt und in riesigen Mengen in alle Welt versandt. Besonders interessant ist dieMeisterwabe, die aus Zellen von 10 Millimeter Tiefe besteht; dieses wahre Kunstwerk, vom natürlichen Bau der Biene nicht zu unterscheiden, ist bisher noch nirgends ausser durch Herrn Schulz-Buckow hergestellt worden, obgleich derselbe eine Prämie von 3000 Mk. auf die Nachahmung seiner Meisterwerke aus­gesetzt hat.

Auf den Waben und in den Zwischenräumen zwischen denselben, den Gassen, bewegt sich nun eine vielköpfige Menge von Bienen. Ein jedes Volk enthält drei verschiedene Arten von Bienenwesen: die

kleinen Arbeiterinnen, die grossen, plumpen, fast hummelähnlichen

Drohnen und die lange, schlanke, aber nur kurzflügelige Königin. Ein jedes Volk hat nur eine Königin, einige hundert Drohnen und viele tausend Arbeitsbienen. Durchschnittlich kann man als normale Volk­stärke 40 000 Bienen rechnen; es beläuft sich also die Gesamtzahl der im Schulzschen Bienenstände gehaltenen Tiere auf etwa 10 Millionen Exemplare.

Wie ja allgemein bekannt, ist die Königin das einzige fruchtbare Weibchen des Volkes; sie legt die Eier und lässt sich dafür von den

Arbeitsbienen füttern. Die Drohnen sind die Männchen; sie erscheinen

bei oberflächlicher Betrachtung als unnütze Esser im Stocke. Alle

Arbeiten, das Produzieren des Wachses und das Bauen der Zellen, das