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8. (6. ausserordentliche) Versammlung des X. Vereinsjahres.
hatten, wurde das Thun und Treiben der einzelnen Tiere ins Auge gefasst. Da giebt es mancherlei zu sehen. Die einen Bienen bringen Blütenstaub, die anderen Honig; einige schwitzen Wachs aus oder sind mit dem Bauen beschäftigt; daneben wird die Königin gefüttert, den jungen Larven der Futterbrei bereitet und dargereicht. Das Eindrücken des Blütenstaubes in die Zellen und das Bergen des Honigs, das Verkitten der Fugen des Stockes mit Vorwachs, die Reinigung des Bodenbrettes und zahlreiche andere Thätigkeiten werden von den verschiedenen Bienen eines Volkes gleichzeitig nebeneinander ausgeführt.
Das ganze bunte Getriebe erscheint bei oberflächlicher Betrachtung zunächst unverständlich und verwirrend. Und doch ist dieses Durcheinander nur scheinbar; in Wirklichkeit besteht eine vollkommene Ordnung; das sieht man, wenn man das Leben des Einzeltieres von Anbeginn an verfolgt.
Die Königin geht, um Eier zu legen, von Zelle zu Zelle; die nach 3 Tagen ausschlüpfenden Larven wachsen unter der Pflege der Arbeitsbienen rasch heran und verpuppen sich nach 6 Tagen, um sodann 11 Tage als bedeckelte Puppen zu ruhen. Die der Puppenhaut entschlüpfte junge Arbeitsbiene hat zunächst im Stock eine längere Klausur durchzumachen. Während dieser Zeit hat die junge Novize, die „Hausbiene“, namentlich zwei Aufgaben zu erfüllen: sie erbaut die kunstvollen Waben und pflegt die jungen Larven. Erst nach 14 tägiger Arbeit im Stocke fliegt die Biene aus; aus der „Hausbiene“ wird eine „Flugbiene“. Diese hat ausserhalb des Stockes hauptsächlich das Sammeln und Einträgen der Vorräte zu besorgen. Sie saugt den Honig aus den Blüten und trägt ihn im Honigmagen ein; sie sammelt den Blütenstaub und transportiert ihn, wohlverpackt in den „Körbchen“ der Hinterbeine, der Wohnung zu. Vom Ausfluge zurückgekehrt, füllt sie den Honig in die Zellen und birgt dort auch den Blütenstaub als Material zum Aufziehen der Larven.
Und alle diese Arbeiten vollziehen sich in so wunderbarer Plan- mässigkeit, dass es kaum möglich ist, sich etwas vollkommneres zu denken und man lernt es verstehen, dass ein jeder, der sich mit dem Treiben dieser Tierchen eingehender zu beschäftigen angefangen hat, für diese Beobachtung eine grosse Vorliebe gewinnt, dass er als „Bienenvater“ die „lieben Bienen“ hegt und pflegt und die Bienenzucht als „die Poesie der Landwirtschaft“ bezeichnet.
Die Kürze der Zeit gestattete natürlich nicht ein längeres Verweilen am Bienenstände; mit lebhaftem Danke für die freundliche Führung schieden wir von Herrn Schulz. Hatte er uns doch Gelegenheit gegeben, wenigstens einen Einblick in die Wunder des Bienenlebens zu thun. Wie grosses Interesse seine Demonstrationen gefunden hatten, zeigten die Mitglieder der Brandenburgia dadurch, dass sich