Heft 
(1902) 10
Seite
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Des Rates Ziegelofen

und die ehemaligeKalkgerechtigkeit Strausbergs.

B. Seiffert.

Zu den früheren Kämmereigütern des Rates gehörte eine Ziegelei, deren Gebäude in dem südöstlichen Winkel des jetzigen Lindenplatzes lagennach der Stadtmauer zu, etwas abwärts von den andern Häusern. Der Betrieb der Brennerei geschah auf Kosten des Rates und unter Aufsicht eines Ratsherrn, der den Titel einesZiegel- oder Kalckherren führte; denn nicht nur Dach- und Mauersteine liess man fertigen, sondern auch Kalksteine aus den Rüdersdorfer Kalkbergen brennen, und nicht blos zur Notdurft der Bürger, sondern vielmehr noch zumvorkauff an frembde. Das war für die Stadt gar keine schlechte Einnahmequelle; besonders aber im 16. Jahrhundert nahm das Geschäft, wie die alten Stadtrechnungsbücher ausweisen, einen Aufschwung, dass in manchen Jahren ein beträchtlicher Teil der städtischen Ausgaben durch den Reinertrag des Ziegelofens gedeckt werden konnte. Viele, viele Meilen weit kamen sie hergefahren, Gottesleute und Adlige, Bürger und Bauern, um hier ihr Baumaterial an Steinen und Kalk einzukaufen, und selbst mancher Bau S. k. f. g.* ist mit Strausberger Materialien errichtet worden.

Wie so vieles andre, überall und hier, so erlitt auch der Betrieb des Ziegelofens durch die bösen Zeiten des dreissigjährigen Krieges einen harten Stoss; die Gebäude verfallen, keine Mittel zum Aufbau, kein tüchtiger Arbeiter, Verkehrsstockung und Unsicherheit in Handel und Wandel und obendrein, was das Schlimmste war, bezweifelte plötzlich S. Durchl. der grosse Kurfürst, dass Strausberg dies Regal Kalk zum Verkauf zu brennen mit Fug und Recht für sich

*) Seiner kurfürstlichen Gnaden.

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