Heft 
(1902) 10
Seite
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Des Rates Ziegelofen und die ehemaligeKalkgerechtigkeit Strausbergs. 221

1. Der Betrieb des Ziegel- und Kalkofens.

Aus den spezielleren Aufzeichnungen des Stadtbuches 1530 ff. geht klar und deutlich hervor, dass es nur ein einziger Ofen war*), in dem beide Materialien gebrannt wurden, nicht, wie Berlitz meint, dass der Kalkofen an einer andern, ihm aber unbekannten Stelle gestanden habe; sonst müsste auch noch die oftgenannte Kalkscheune ein besonderes Gebäude gewesen sein neben der Ziegelscheune. Wie derZiegel- oder Kalckherr ein und dieselbe Person war, wie der Ziegelmeister auch den Kalk brennen musste, so sind auch die Bezeichnungentigelawen, kalckawen undtigelschune, kalckschunhe gleichbedeutend und werden abwechselnd gebraucht, je nachdem gerade Ziegel oder Kalk gebrannt wurden. Der Ofen stand, wie schon oben angedeutet, an der Stadtmauer, die Scheune hat wahrscheinlich die nördliche Seite des Tigelhaffes begrenzt, während dastigelerhuss denselben nach der Strasse oder dem Ziegelplatz zu abschloss und vom Nachbargrundstück im Südwesten eine Umzäunung austhunryss trennte. In der Mitte des Gehöfts war einpntte, ein cisternenartiger Brunnen, dessen Wasser jedoch nicht ausreichte für die Bedürfnisse der Brennerei. DesTigelershuss war, der damaligen Bauart entsprechend, mitleim geklickt und mit ror gedeckt; ebenso wird die Scheune, in welcher die Steine teils getrocknet, teils nach dem Brennen trocken aufbewahrt wurden, denkbar einfach gebaut gewesen sein: der Ofen war ein so­genanntersathawen (Setzofen), in welchem nur mit Unteibrechungen gearbeitet werden konnte, während heutzutage die grösseren Ziegel- und Kalkbrennereien Rumfordsche Schachtöfen mit ununterbrochenem Betriebe haben (wie in Rüdersdorf seit 1802).

Zur Anfertigung der verschiedenen Arten von Ziegelsteinen hielt der Rat einen Ziegelmeister; doch brauchte dieser noch eine Anzahl Medehulper,kumpaue, die ihm bei den Vorarbeiten, der Anfuhr und Bearbeitung des Rohmaterials, sowie den Abräumungsarbeiten und Ausbesserungen behilflich sein mussten.

*) Die geschichtlichen Beiträge von W. Sternbeck reden sogar von 4 Kalk- und 4 Ziegelöfen, die alle auf diesem Grundstück gestanden haben sollen. Es zeugt diese Auffassung von der oft unbeschreiblichen Flüchtigkeit und Oberflächlichkeit, mit welcher der Verfasser überhaupt Aktenstücke und Rechnungsbücher, geschweige die lateinischen (!) Urkunden, durchgelesen und verarbeitet hat. Wenn er sich auf die Stellen des Stadtbuches 1530 ff. stützt, wo von einemdrudden vnd vierten awen geredet wird, so hätte er, wenn er weiter gelesen hätte, als er durch seine mehr­malige Unterschrift in dem Buche ausdrücklich bezeugt, auch noch zu einemfünften awen kommen können. Fachleute wissen, dass5 Oefen Steine eben Steine sind, die zu 5 verschiedenen Malen oder in 5 verschiedenen Bränden in einem und dem­selben Ofen gebrannt worden sind. Engel, Ann. March, fol. 367:sintemal das fewer auff der einen Seiten bald an den Kalck- vnd Ziegelofen war, dürfte der ein­fachste Beweis sein.

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