Des Rates Ziegelofen und die ehemalige „Kalkgerechtigkeit“ Strausbergs. 227
Obwoltl es nicht ausgeschlossen zu sein scheint, dass schon die Wenden, welche noch bis zum Anfang des 13. Jahrhunderts in den Ortschaften des Barnim ansässig waren, die Rüdersdorfer Kalkberge bearbeiteten, so steht doch dies ausser jedem Zweifel, dass seit der Germanisierung dieser Gegend durch die Markgrafen Johann I. und Otto III. aus dem askanischen Fürstenhanse (also etwa seit 1230) in den Bergen Kalk gebrochen worden ist. Da nun das Kolonisationswerk besonders durch die betriebsamen Cisterziensermönche gefördert wurde, und aus späteren Urkunden ersichtlich ist, dass ihnen in hiesiger Gegend eine Menge von Dörfern*) und der Kalkberg in Rüdersdorf gehörte, so geht man gewiss nicht fehl, wenn man die Ansiedlung der Mönche aus der Abtei Zinna (bei Jüterbogk) und die Inangrilfnahme des ihnen geschenkten Kalkberges in Rüdersdorf in zeitliche Verbindung bringt. — Schon 1254 wurde das Dominikanerkloster in Strausberg aus Rüdersdorfer Kalksteinen erbaut, und bei dem gleichzeitig erfolgten Bau der Stadtmauer, sowie später bei der Errichtung anderer städtischer Hauptgebäude, der St. Marien- und St. Nicolaikirche, des Stadthauses, ist doch gewiss ebenfalls Rüdersdorfer Kalk in grossen Mengen verarbeitet worden.
Seitdem blieb Strausberg ein guter Kunde der Rüdersdorfer Mönche, kaufte Kalk für sich und brannte ihn auch für Fremde mit, die nicht selber die Bequemlichkeit eines Kalkofens hatten; und dass alle die Dörfer, die den Cisterziensern gehörten, von hier ihren Bedarf an gebranntem Kalk bezogen, die Bauern aus Rüdersdorf selbst, Herzfelde und Tasdorf, dass fei’ner der Kurfürst Joachim II., nachdem er schon längst in den Besitz des Kalkbruchs gekommen war, nach wie vor aus Strausberg Kalk kaufte, ist der unwiderleglichste Beweis dafür, dass bis zum Ende der Regierung dieses Fürsten in Rüdersdorf selbst kein Brennofen gewesen sein kann. Dies ausdrücklich zu betonen, halte ich durchaus für notwendig; denn einmal ist dieser Umstand geeignet, die Lücke in der Geschichte des Rüdersdorfer Kalkberges auszufüllen, wie sie sich in der Darstellung des Herrn v. Hagen (1785) findet, sodann aber ist er ausserordentlich wichtig für die Beantwortung der Frage, die für Strausberg gestellt werden muss: „Warum ist nicht schon in alten Zeiten Einspruch gegen den Verkauf des gebrannten Kalks an Fremde erhoben worden?“
Wann der Rat seinen Ziegel- und Kalkofen angelegt hat, ob sogleich nach Gründung der Stadt oder später erst, kann nicht mehr ermittelt werden; den Schicksalen nach zu urteilen, die über die Stadt
*) Nach einem Original Kloster Catastrum von 1480: Closterdorp, Cogel, Honow, Hersfelde, Henneckendorp, Kienbom, Lichtenow, Behfelde, Rüdersdorp, Werder und Zindorp.