Im Blumenthal.
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Blumenthal eine Stadt gelegen habe, und doch ist nirgends in den alten Nachrichten von einer solchen die Rede. Die älteste Quelle, das Landbuch Karls IV. von 1375, führt unter den Ortschaften des Barnim nur das Dorf „Blumendal“ auf, dessen Feldmark 50 Hufen umfasste, die von zwei Besitzern Ulrich Crossen und Berckholtz bebaut wurden.*) Von einer Stadt ist indes nicht die Rede. Aber bereits der älteste Berichterstatter, der Bürgermeister Grüvel aus Kremmen, der die „Stadtstelle“ im März 1689 besuchte, hielt die steinernen Überreste, die er sah, für die Trümmer einer Stadt. Nach ihm haben dann Bekmann 1750 und Bernouilli 1777 den Ort besucht und gleichfalls die Meinung geäussert, dass die Überrest© einer Stadt angehören. Bekmann nahm sogar einen Grundriss dieser Stadt auf und bestimmte die Stellen der 4 Thore in der Stadtmauer, der Haupt- und Nebenstrassen, der Kirche, des Klosters, des Schlosses und des Rathauses. Vorsichtiger drückt sich der Geistliche des benachbarten Dorfes Prötzel aus, der im Jahre 1843 einen genauen Bericht über die Beschaffenheit der „Stadtstelle“ zusammenstellte, indem er sagt, dass die ganze Anlage darauf hindeutet, dass hier in alten Zeiten ein menschlicher Wohnort und vorher wohl eine germanische Kultstätte gewesen ist. Fontane, der diesen Bericht (Wanderungen II, 411 f.) veröffentlicht hat, verhält sich im allgemeinen skeptisch, neigt aber schliesslich doch der Ansicht zu, dass auf der „Stadtstelle“ eine Stadt sich erhoben hat. Trinius und Nordhausen lassen ihrer blühenden Phantasie die Zügel schiessen und bauen vor den Augen ihrer Leser eine mit Mauer und Zinnen bewahrte Stadt auf, in der ein lebhaftes Treiben, ein emsiger Geschäftsverkehr herrscht, und dies ohne jeglichen historischen Hintergrund.
Dass die „Stadtstelle“ im Mittelalter bewohnt gewesen ist, kann nicht geleugnet werden, darauf deuten die Mauerüberreste, der grosse „Marktstein“, die Funde von Werkzeugen und Waffen, von mittelalterlichen Scherben und ähnlichen Dingen hin, ob aber diese Wohnstätte eine Stadt gewesen ist, dürfte sehr zweifelhaft sein. Vermutlich ist es nur ein Dorf gewesen, das hier in der Stille des romantischen Waldes angelegt wurde, und zwar an der Stelle einer alten Kultstätte, auf welche der grosse „Marktstein“ hindeutet, und das frühzeitig, vielleicht zur Zeit der Pest 1346, wüst geworden ist.**) Das frühe Verschwinden der Ortschaft geht auch aus der Bezeichnung „der Blumenthal“ für das Waldgebiet hervor, welche ähnlich wie „der Woltersdorf“ bei Bernau von der Ortschaft auf die umliegende Landschaft übertragen wurde.
Heutzutage ist von den Spuren der Feldsteinmauern, der^ Kirche, des Rathauses, des Marktbrunnens oder ähnlicher Dinge, die frühere Besucher
*) Landbuch (Ausg. v. 1781) S. 88 : Blumendal sunt L mansi quoruin
plebanus IV. Ulrik Crossen habet XXV quos colit Berckholtz habet residuos mansos. Teneutur ambo ad servitium vasallionatus.
**) Unter der Landbevölkerung hat sich die Tradition erhalten, dass zu jener Zeit des „grossen Sterbens“ verschiedene Einwohner Blumepdals nach Straussberg ausgewandert sind, deren Nachkommen noch heute dort leben sollen.