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Karl Möllenhoff:
der Ringmauer umschlossene Gebiet bebaut, uur im Südosten waren noch viele freie Stellen und dieser Teil des städtischen Weichbildes führte mit Recht den Namen das Köpnicker Feld. Ausser dem in den Jahren 1845—1847 erbauten Krankenhause Bethanien und der im Jahre 1856 vollendeten Michaelskirche sah man in diesem, jetzt vou mächtigen Strassenzügen bedeckten und stark bevölkerten Stadtteile nur einige wenige Häuser und dazwischen Felder und Gärten.
Wer Berlin vom Schlesischen Thore aus betrat, erhielt noch im Jahre 1858 einen ähnlichen Eindruck von der Stadt, wie ihn die im Jahre 1784 erschienene „Charakteristik vou Berlin“ schildert, ln dieser heisst es;
„Man bekommt einen schlechten Eindruck von der grossen Stadt, überhaupt hat Berlin ein klägliches Ansehen für eineu Fremden, der vom Hamburger, Schlesischen und Kottbuser Thore hereinkommt. Man findet dort elende Häuser, wüste unbebaute Plätze.“
Nicht besser, wie auf dem „Köpnicker Felde“, sah es im Jahre 1858 im Stralauer Viertel und den benachbarten Teilen der äusseren „Königstadt“ aus.
Überschritt man, vom Schlesischen Thore her kommend, die Oberbaumbrücke, so fand man auch am rechten Ufer der Spree noch viel unbebautes Land und herzlich wenig Häuser. Nur eine kleine Anzahl von Strassen gab es in dem grossen Gebiete und selbst in diesen wenigen Strassen standen die Häuser nur vereinzelt.
Die Stadtmauer ging von der Spree und dem Stralauer Thore aus zunächst im Zuge der jetzigen Warschauer Strasse nach Nordosten zu und folgte dann, zuerst nach Nordwesten dann nach \Y T esten gewendet, dem Verlaufe der jetzigen Gubener Strasse und Friedenstrasse. Vom Prenzlauer Thore aus lief die Stadtmauer, wo jetzt die Lothringer, die Elsässer und die Hannoversche Strasse ist, fast genau nach Westen. Sie wendete sich au der neuen Cbaritd vor dem Spandauer Schiffahrts- Kanal südwärts und erreichte am Unterbaum die Spree.
Während, wie wir gesehen haben, im Südosten, Osten und Nordosten die Stadtgrenze weit über das eigentlich bebaute Gebiet hinaus gezogen war, war im Norden und im Nordwesten die Stadt bereits aus dem durch die Stadtmauer umschlossenen Gebiete hinausgewachsen. Zwischen der Brunnenstrasse und dem Oranienburger Thore erstreckte sich im Jahre 1858 ausserhalb der Stadtmauer das bereits zur Zeit Friedrichs des Grossen bebaute „Voigtland“; in der Chausseestrasse hatten die grossen Maschinenbauanstalten von Borsig, Egells, Pflug ihre Werkstätten; und im äussersten Nordwesten waren unter Friedrich Wilhelm IV. iu der Chausseestrasse, die grossen Kasernen und in Moabit das Zellengefängnis und die Ulanenkaserne gebaut worden. Allerdings standen diese Gebäude noch recht lange „allein auf weiter Flur“ und