Heft 
(1902) 10
Seite
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12. (0. ausserordentliche) Versammlung des X. Vereinsjahres. 999

dank der aufopfernden Thätigkeit des Herrn Prof. Frosch, des Vor­stehers der wissenschaftlichen Abteilung des Institutes. Welche Be­deutung dieser Thätigkeit beizutnessen ist, werden Sie verstehen, wenn ich Ihnen sage, dass in der dortigen Gegend früher blühende Städte wegen des mörderischen Wechselfiebers verlassen werden mussten und jetzt in Ruinen liegen. Ich muss noch hinzufügen, dass ein grosser Teil der in Brioni angefertigten Blutpräparate hier in diesem Institute untersucht wurde, und dass der ganze Feldzug gegen die Malaria von hier aus geleitet worden ist.

Im Augenblick sind wir damit beschäftigt, an der Typhusepidemie in Gelsenkirchen und vielleicht auch anderwärts zu zeigen, dass man jetzt im Stande ist, auch den Typhus als Seuche zu unterdrücken. Die nötigen Vorarbeiten sind im Institute gemacht worden und haben zu dem Ergebnis geführt, dass es möglich ist, Leute, die sich gar nicht krank fühlen, aber doch Typhusbazillen ausstreuen, unter den Ge­sunden h er aus zu finden, und damit ist die Grundlage für eine Be­kämpfung der Seuche gegeben. Zur Aufklärung über die Vorgänge in Gelsenkirchen möchte ich noch bemerken, dass die dortigen Filter­werke nicht, wie in unserer Mark, durch meterdicke Sandschichten, sondern durch Schotter filtrieren müssen, der viel zu grossporig und durchlässig ist, um einwandfreies Gebrauchswasser zu liefern. Gelangen dort also auf irgend eine Weise, Typhuskeime in die Ruhr, so werden sie mit dem filtrierten Wasser in alle Häuser verteilt, und die Epidemie ist fertig. Ein direkter Bezug des Wassers aus der Ruhr scheint die Sache nicht viel schlimmer zu machen. Für die Zukunft wird es sich also darum handeln, zu verhindern, dass der Fluss überhaupt infiziert wird. Durch unnachsichtige Ausübung der Anzeigepflicht bei einem jeden Typhusfalle und gehörige Beaufsichtigung kann das erreicht werden. Es ist das der einzig gangbare Weg, weil zweckmässige Ver­änderungen an der Wasserversorgung und der Abführung der Verbrauchs­wässer, die dort noch se'hr im Argen liegt, nicht mit der nötigen Schnelligkeit ausgeführt werden können, selbst wenn die dazu nötigen kolossalen Geldmittel zur Verfügung ständen.

Zum Schluss möchte ich Sie zur Vervollständigung des Bildes, das ich Ihnen hier von unseren Arbeiten entworfen habe, noch einen Aus­blick in die Zukunft thun lassen und will noch einige Worte über die Pest sagen. Wir stehen dieser Seuche nicht mehr so ratlos gegenüber, wie unsere Vorfahren, seitdem man ihr Wesen und ihre Verbreitungsart erkannt hat. Die Ansteckungsgefahr von Person zu Person ist bei weitem nicht so gross, wie man früher annahm. Dagegen hat sich ge­zeigt, dass die Ratten es sind, welche den Ansteckungsstofl, die Pest­bazillen, nach allen Richtungen hin verbreiten. Wer die Lebensweise der Ratten kennt, weiss auch, dass kein Ort vor ihnen sicher ist; aber