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16. (10. ausserordentliche) Versammlung des X. Vereinsjahres.
ist dieser Mangel dank der Arbeit Virchows und seiner Gehilfen jetzt reichlich ausgeglichen.
Die Schätze, die Virchow gesammelt hat, kamen bisher nicht gebührend zur Geltung, denn in den Räumen des alten Pathologischen Instituts mussten sogar die Keller- und Bodenräume ausgenützt werden, an eine sachgemässe, für Studienzwecke berechnete Aufstellung der Präparate war deshalb nicht zu denken. Virchow wurde darum nicht müde, mit Nachdruck darauf hinzuwirken, dass die Regierung mit dem Neubau des Pathologischen Museums beginnen sollte. Seit zwei Jahren ist der Wunsch des Gelehrten erfüllt, denn im Sommer 1899 konnte bereits ein Teil der Sammlung im neuen Gebäude aufgestellt werden. Mittlerweile ist die Aufstellung sämtlicher Präparate vollendet und am 12. Oktober 1901 wurde das Museum in Gegenwart einer erlesenen Versammlung von Gelehrten eröffnet. Dieser feierlichen Eröffnung wohnte auch der 1. Vorsitzende der „Brandenburgia“, Herr Geheimrat Friedei, bei.
Wie Prof. Virchow, unser hochgeschätztes Ehrenmitglied, über seine Schöpfung denkt und welchen Wert er derselben beilegt, hat er in der Festschrift*) mit folgenden Worten ausgesprochen:
Das neue Pathologische Museum, welches in den letzten »Jahren auf dem Territorium des Charite-Grundstückes erbaut worden ist, stellt die Zusammenfassung der Ergebnisse einer über zwei Jahrhunderte fortgesetzten Sammelthätigkeit auf dem Gebiete der pathologischen Anatomie dar, welche für die Fortschritte der medizinischen Wissenschaft, insbesondere für die Gewinnung exakter Grundlagen für die Theorie der Krankheiten, von grösster Bedeutung gewesen ist. Lange Zeit hindurch waren es nur gelehrte Aerzte, die in freiwilliger Thätigkeit das ihnen zugängliche Material sicherten; seit der Gründung der Berliner Universität und der Ausgestaltung des medizinischen Unterrichts im Charite-Krankenhause ist die Vervollständigung der Sammlungen zu einem wissenschaftlichen ^Ganzen mit Eifer verfolgt worden. Die Zahl der gesammelten Präparate ist, entsprechend den stets neuen und immer grösser werdenden Aufgaben der Praxis, schnell gewachsen. Die vor wenigen Tagen vorgenommene Zählung der aufgestellten Präparate hat die Summe von 20 833 ergeben.**) Der grösste Teil dieser Präparate gehört freilich der neusten Zeit an, aber manches wertvolle Stück ist seit Jahrzehnten und selbst noch längere Zeit hindurch aufbewahrt worden. Durch sie ist der dankbaren Erinnerung an ältere Forscher eine bestimmte Grundlage gegeben.
*) Das neue Pathologische Museum der Universität zu Berlin. Mit 5 Grundrissen. Berlin 1901. Verlag v. Aug. Hirschwald.
**) Ausserdem befinden sich im alten Hause des Pathologischen Instituts noch 2233 provisorisch aufgestellte Präparate. Die Gesamtzahl beläuft sich also auf 23 066.