Heft 
(1902) 10
Seite
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Br. E. v. Frevdorf, Neidkopf und Krone zu Berlin.

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Sammlung, in der sich Riesen und Zwerge, Skelette aus der Steinzeit und der Gegenwart, Rückgrat-Verkrümmungen und Amputations- Stümpfe und Knochen-Atrophien finden. Die Mitte des Saales schmückt eine wohl gelungene, geistvoll aufgefasste und ausgeführte Marmorbüste Rudolf Virchows.

Der letztgenannte Herr, welcher an seiner Absicht die Mitglieder derBrandenburgs selbst zu führen, durch die heut stattfindende Übergabe des Kaiser und Kaiserin Friedrich Kinder-Krankenhauses an den Magistrat von Berlin behindert war, wurde durch die assistierenden ärztlichen Beamten des Museums vertreten, die in ebenso anschaulicher, wie freundlicher Weise die Führung der trotz des sehr schlechten Wetters zahlreich erschienenen Mitglieder übernahmen.

Herr Geheimrat Friedei sprach nach Beendigung der Besichtigung den liebenswürdigen Führern einen herzlichen Dank seitens derBran­denburgs aus. G. A.

Neidkopf und Krone zu Berlin.

von

Amtsrichter Dr. E. v. Freydorf zu Lörrach in Baden.

Erste Vermutungen.

Vom BerlinerNeidkopf, der zungereckenden Rokkokobüste am Hause Hl. Geiststrasse 38, ist auf eine beiläufige, die ältere deutschrecht­liche Bedeutung des WortesNeid heranziehende Anregung des Ver­fassers in diesen Blättern seither zweimal gehandelt worden.

Im Juniheft 1898 stellte Herr Custos R. Buchholz die Entstehungs­notizen nach Urkunden und Lokalsagen zusammen. Die beiden, nach Cosmar und Bertram wiedergegebenen Anekdoten stehen gegenseitig, sowie mit den Urkunden in Widerspruch. Hinsichtlich des Kopfes schweigen die Urkunden. Nur eine der Anekdoten belegt eine ihrer Figuren, den mit dem Rechte zur Aufstellung des Neidkopfes beliehenen Goldschmied Lieberkühn mit einem ortsgeschichtlich um 1700 hier nach­weisbaren Namen. Blosse Anklänge einer Lokalsage an Historisches sind indessen keine Beweise für die Thatsächlichkeit ihres übrigen Be­richtes: Jede Sage, eben die wahrhaft populäre, neigt dazu, durch Ver­bindung mit historischen Namen, sich neuen Generationen glaubhaft zu machen. Der Kern der Sage ist, wie auch die Bertramsche Version erkennen lässt, älter als 1700.