376
Dr. E. v. Freydorf, Neidkopf und Krone zu Berlin.
Als Kern der Sage bleiben folgende Züge:
1. Die Aufstellung des Neidkopfes gehe auf persönliche Verordnung des Fürsten zurück.
2. Das Neidkopfhaus habe dem Königlichen Hofhalt einen Schatz, nach Bertram eine bestimmte Krone, geliefert.
Im Novemberheft 1898 dieser Blätter wird ferner unter dem Titel „Neidkopf“ (Rob. Mielke) eine Reihe dem Aberglauben und Scherz entstammender Fratzenbilder aus dem Gebiete friesischer Häuserornamente zusammengestellt, doch ist daraus von näherer Ähnlichkeit mit dem Neidkopfe in Geberde oder Tradition nichts zu ersehen, nicht einmal dieser Name kommt vor. Das Material lässt also Schlüsse nicht zu und kann nur zur Warnung dienen vor dem Chaos willkürlicher Ornamentik, wie sie jeder Bau- und Schnitzereistil, namentlich in tierischen Masken, kennt.
Inzwischen haben sich anderweit zu Schlüssen zureichende Analogien für den Berliner Neidkopf, nach Vorkommen, Geberde, Namen und Sage zugleich, ergeben. (Vgl. Aufsatz des Verf. in „Zeitschrift für Kulturgeschichte“ 1.901. Augustheft, woselbst das Nähere nebst Citaten.)
Unsere erste, auf einen Villinger Kopf und Neidbaufall gegründete Vermutung, als handle sichs in Berlin um ähnliches, etwa ein Zeichen des Aussichtsrechts, musste allerdings für die ganze, nun folgende Gruppe, Berlin einbegriffen, aufgegeben werden.
Der ältere, deutschrechtliche Inhalt der Silbe „Neid“ bestätigt sich zwar im Sinne von „Gegnerschaft“ schlechthin, doch Gegnerschaft im gewichtigsten allgemeinen, nicht bloss nachbarrechtlichen Sinne verstanden.
Im übrigen blieb unsere Annahme, dass die jetzige (Rokkoko-) Büste mit ihrer Zunge nur die Nachfolgerin eines älteren, durch gleiches Attribut und gleichen Namen bezeichneten Bildwerks gewesen sei, bestehen. Die Kennzeichen der Häuser erbten sich bis vor Menschengedenken, regelmässig, wie heute noch in der Schweiz, — auch wenn sie nicht als städtische Wahrzeichen angebracht waren, — vom alten auf den neuen Bau fort.
Die Kopfreihe ausser Berlin.
(Referiert nach d. Verf. Aufsatz in Ztschr. f. Kulturgesch. 1901. Bd. VIII.)
Die Stadt Basel besitzt als, einst am Hauptthor angebrachtes Wahrzeichen einen die Zunge reckenden, bekrönten Manneskopf. Er gilt als Bildnis eines alten Bürgermeisters, der die Stadt aus feindlichem Überfall errettete (weitbekannt als „der Baslerlälle“).
In Coblenz streckte (nach mündlicher Mitteilung) bei Stundenschlag am „Hungerturm“ ein ähnlicher Kopf die Zunge.
In Rheinfelden (Aargau) spukt ein zungereckender Bürgermeister,