Heft 
(1902) 10
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Dr. E. v. Freydorf, Neidkopf und Krone zu Berlin.

Die Ursache des Schutz Verhältnisses erscheint bei Cosmar schon recht nüchtern. Als Hauptleistung des Hauses zum Neidkopf nennt er nur ein zu Hofe geliefertesgoldenes Service. Hätte nun der Zufall im Wechsel der Hausbewohner es gefügt, dass seinem Berufe in diesem, durch die Sage schon zunftverwandten Hause auch ein Gold­arbeiter obgelegen hätte, 1857 z. B. nennt das Grundbuch Schultze, Goldrahmenfabrikant (Buchholz a. a. 0.), so würde bald das sagen­hafte Inventar- und Schatzstück des Hauses mit der Wirklichkeit sich bis zur Unkenntlichkeit vermischt haben, zumal wenn solcher Werk- mann in das nahe gelegene Schloss Arbeiten wirklich lieferte: ein Unter­gang auch dieses, beinahe letzten, Sagenfragments per confusionem, wie dies der Jurist nennt. Goldschmied soll z. B. auch Lieberkühn (Buch­holz a. a. 0.) gewesen sein.

b) Bertrams Krönleinsage.

Geschichte und Natur des aus dem Neidkopfhause dem Hohen- zollernhause gelieferten Stückes, welches die Beziehung beider Häuser begründet, hat aber zum Glück die Bertramsche Lesart in besonderer Episode überliefert. Diese Episode verlegt sich, nach eigener Chrono­logie, ausserhalb des Rahmens der. übrigen Anekdote, in die Zeit vor dem Königtum. Es ist eine Sage für sich.

Ähnlich, wie etwa auf einer Illustration neutestamentlicher Vor­gänge ein im Hintergrund des dargestellten Raumes hangendes Wand­blatt unter Glas und Rahmen dem Beschauer den entsprechenden alt- testamentlichen Vorgang in ferne Erinnerung bringen soll, so findet sich hier, innerhalb der Gesamtanekdote als Anmerkung eingeschaltet, ein älteres, aber noch recht deutliches, ja bei näherer Würdigung den Vordergrund an Plastik übertreffendes Bild; das Interesse des Königs für den Besitzer des Neidkopfhauses erklärend, berichtet nämlich Bertram (wir referieren nach Buchholz a. a. 0.):

Schon dem Vater Friedrich Wilhelms I., Friedrich dem Ersten, und zwar diesem noch vor seiner Königskrönung, überreichte bei feier­licher Gelegenheit ein im Neidkopfhause beschäftigter Goldschmied­geselle Namens Beyrich, infolge angeblichen Traumes, eine kleine silberne Königskrone. Dem mit der Grundsteinlegung der Parochial- kirche (15. August 1695) eben befassten Kurfürsten kommt dieser Zwischenfall bedeutsam vor; der Kurfürst nimmt die Krone, legt sie zu dem übrigen Grundsteininhalt in das bereit gehaltene kupferne Kästchen und spricht die Worte:es sei Gottes Wille und ein Geheimnis vor der Welt. Beyrich heisst nach Bertram dann auch desJHausesJunter Königsschutz ansässiger Eigentümer zur Zeit der, angeblich späteren Neidkopfbeleihung. Von dem bei Cosmar eingeführten,