Kleine Mitteilungen.
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Kleine Mitteilungen.
Die Humanitäts-Gesellschaft von 1797 in Berlin.*) Gegen Ende des 18. Jahrhunderts führte in Berlin das langempfundene Bedürfnis, dem geselligen Umgänge ein höheres, edleres Ziel zu stecken, zur Vereinigung der ganzen Gelehrtenwelt, die damals, bei dem Mangel einer Universität, allerdings noch nicht sehr zahlreich sein konnte. Als Ziel der Vereinigung, welche im October 179C unter dem Namen „Gesellschaft edler Vergnügungen“ oder nach dem Sitzungstage „Mittwochsgesellschaft“, zusammentrat, galt nicht allein die Beschäftigung mit den verschiedenen Wissenschaften, sondern auch die Beförderung humaner Gesinnung und nützlicher und angenehmer Unterhaltung. Da das Statut aber die Mitgliederzahl auf 50 beschränkt hatte, welche Zahl alsbald ausgefüllt war, so traten schon am 10. Januar 1797 diejenigen Männer, welche das gleiche Bedürfnis nach Vereinigung hatten und dort keinen Raum mehr fanden, zu einer neuen Gesellschaft zusammen, die sich zunächst „Litterarische Gesellschaft“, oder nach dem Zusammenkunftstage „Sonnabend-Gesellschaft“ nannte, bald aber den Namen „Gesellschaft der Freunde der Humanität“ oder kurzweg „Humanitätsgesellschaft“ annahm. Diese Gesellschaft hat eine viel längere Dauer, als die erste gehabt; ihre letzten Sitzungen fanden im Jahre 1861 statt und die sorgsam geführten Protokolle weisen als letzte Teilnehmer: Twesten, Gneist, Petermann, Krautwurst, Schultz, Schnakenburg, Graf Schaffgotsch und Schubarth nach. Der Stoff zu den Unterhaltungen sollte nach den „Gesetzen“ vornehmlich aus den schönen Wissenschaften und Künsten, auch aus der Mathematik genommen werden. In den „gesetzförmigen“ Sitzungen wurden nur eigene Abhandlungen vorgetragen, in den „gesetzfreien“ aber sollten Gedichte deklamiert, Schauspiele und kleinere Schriften gelesen oder über innere Gesellschaftsangelegenheiten verhandelt werden. Zur „Belebung“ der Versammlungen war der „Moniteur“, ein Fragekasten, eingeführt. Diese Einrichtung wurde aber später für die Gesellschaft sehr verhängnisvoll. Es heisst darüber in einem Bericht: „Man würde sehr irren, wenn man bei
diesem Moniteur an seinen ungebührlich zahmen französischen Namensvetter dächte. Dieser Moniteur entwickelte von Anfang an ein so bewegliches Naturell, eine so ungewöhnliche Turbulenz, ja so subversive Tendenzen, dass der Kasten, weit entfernt davon, eine Bundeslade zu sein, die Gesellschaft mehr als einmal an den Rand des Verderbens brachte. Ein wahres Kind der Revolution, stellte der Moniteur alles in Frage; nichts wurde verschont. Als eine Probe mag folgende, dem dunklen Schoss dieser Pandora-Büchse entstiegene Frage dienen: „Giebt es im Altertum, oder in der neueren Zeit, eine Nation, welche in ihrer Religions-Dogmatik nie einen Teufel aufgestellt hätte? und welche hat den lieblichsten, humansten Teufel hervorgebracht
*) Nach den im Besitz des Märkischen Museums befindlichen Akten des Vereins.