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Kleine Mitteilungen.
weise nur den Hut zerteilte und die Kopfhaut streifte, verwundet wurde. 1806 hatten die Franzosen ein grosses Lager am Neukammerschen Rohrbruch aufgeschlagen. Ein Trupp Franzosen drang von hier aus in Lietzow ein. Am Eingänge des Dorfes hieben sie den Gänsen, die an der Pumpe vor dem Bauer Sehmidtschen Hause zusammengetrieben waren, mit ihren Säbeln die Köpfe ab; vor dem Schulzenamte machten sie mitten auf der Dorfstrasse ein grosses Strohfeuer an, wozu sie das Stroh aus den benachbarten Scheunen herbeiselileppten, und nun begann die Plünderung des Ortes. Alles Wertvolle nahmen sie mit. Als ein Franzose dem Bauer Hintze den Sonntagsrock nahm, zog er ihn sogleich an und sprach: „Sieh Bauer, der passt gut!“ In so schweren Zeiten und bei dem kümmerlichen Gehalte von jährlich 40 Thalern, wovon Endewaldt seinem Amtsvorgänger, dem „Meister Rahn“ noch seine Emeriten-Pension zahlen musste, führte er ein elendes Dasein. Um sich mit seiner starken Familie durchzubringen, musste er nebenbei fleissig am Webstuhle arbeiten, und seine Frau versah das Geschäft einer Hebeamme am hiesigen Orte. Nach 26jährigcr, angestrengter Thätigkeit riss ihn der Tod 1821 aus seiner Wirksamkeit; seine irdischen Überreste wurden an der Nordseite der Kirche auf dem „alten Kirchhofe“ eingesenkt. Die alte Lietzower Kirche, welche bei dem grossen Brande vom 11. Juni 1850 bis auf die Umfassungsmauern niederbrannte, stand übrigens nicht auf der Stelle der jetzigen, sondern näher dem Wirtschaftshause und der Scheune der Domäne. Sie war so angelegt, dass die Achse des Gebäudes von Norden nach Süden lief, so dass also der Turm der Strasse zu stand, während man Kirchen im allgemeinen so baut, dass die Hauptachse von Osten nach Westen liegt und der Turm an der Westseite steht. Kirchen wie die alte Lietzower nennt man wohl noch heute „verkehrte“, und Lietzow führte ehedem aus diesem Grunde den Spitznamen „Verkehrt-Lietzow“.
Die Berufungsurkunde für den Lehrer Endewaldt hat folgenden Wortlaut:
Vokation
für den Küster und Lehrer Endewaldt
„Da der jetzige Schulhalter zu Lietzow, Christoph Friedrich llahn, wegen seines höhen Alters und der damit verbundenen Schwäche des Gesichts und Gehörs, dem Schulhalterdienst länger vorzustehen nicht imstande ist und nach dem Reskript Eines Hoehpreislichen Ober-Consistorii vom 26. Juni 1794 dem Seminaristen Johann Friedrich Endewald die Adjunktion auf den Dienst des Schulhalters Kahn zu Lietzow erteilt, auch bei dem Ableben des Klisters Renner zu Berge, welcher den Küsterdienst bei der Gemeinde zu Lietzow mit versehen, ad rescriptum vom 20. November dieses Jahres genehmigt ist, dass zur Verbesserung der Schulhalterstelle zu Lietzow alle bisher von diesem Filial an den Küster zu Berge gefallenen Hebungen, sowohl an üxiertem Gehalt als Accidenzien nunmehr dem dortigen Schulhalter zukommen sollen und ihm dagegen der Küsterdienst zu Lietzow beigelegt ist, so ist zufolge erstgedachten Rescripts von dem hiesigen König : liehen Amte vi iuris patronatus dem Johann Friedrich Endewald bis zur Confirmation Einer Königlichen Hochlöblichen Kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer die Vokation zu der Küsterstelle zu Lietzow erteilt worden.