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16. (6. ordentliche) Versammlung des X. Vereinsjahres.
den bürg. Am 22. Januar 1026 wurde die Fürstin dem ungarischen Magnaten Georg Racoczy per procurationem angetraut und am 26. die gefahrvolle Reise gen Morgen angetreten. Der bekannte streitbare Oberstleutnant Konrad von Burgsdorf eskortierte den abenteuerlichen Zug, der 6 Tage nach der festgesetzten Zeit, wegen allerhand Hindernisse auf den unwirtlichen Pässen und Landstrassen verzögert, in Kaschau eintraf. Ein Festmahl, bei dem es nicht ohne die damals beliebten Rangstreitigkeiten abging und dessen SO seltsam zugerichtete Gänge meist aus „Sauerkraut, Rindfleisch und Ferklein“ bestanden, beschloss der Tag. Dazu wurde damals und später so fleissig gestohlen, dass die brandenburgischen Gesandten allmählich fast ihr sämtliches Silbergerät einbüssten. Dass die brandenburgischen Magen bei der halbbarbarischen Kost nicht auf ihre Rechnung kamen, zeigt der Bericht eines der Mitreisenden. Die Vorgesetzten Speisen seien meist „grob und schlecht“, die Weiue „trübe und böse“ gewesen. So erging es — trübe und böse — auch der Fürstin von der Vermählung am 2. März 1626 ab. Sie vermochte sich in die orientalischen Gepflogenheiten ihres durchaus nicht bösartigen aber herrischen und jähzornigen Gemahls nicht zu finden. Ihre Begleitung entsetzte sich über die fremdartige Kleidung und Aufführung der Ungarn und diese machten unverhohlen ihre Glossen über die spanische Tracht der Lranden- burgischen Damen und Herren und über deren Benehmen.
Als Bethlen seine Augen am 15. November 1629 geschlossen hatte, ging die Leidensgeschichte der Witwe erst recht an. Um seiner hilflosen Sclnvester beizustehen, schickte Georg Wilhelm mehre seiner Räte zu ihr. Mit Erstaunen hörten diese, dass die Fürstin im hohen Masse unbeliebt, übrigens zum Katholizismus übergetreten sei. Nach einem unstäten Leben finden wir im Jahre 1688 die Fürstin in Wien, woselbst sie mit einem ziemlich anrüchigen Konvertiten, dem acht Jahr ältern Herzog Franz Karl von Lauenburg sich vermählte. Am 9. Februar 1644 verschied die Herzogin und ward in der Kirche zu Lauenburg beigesetzt.
So unerquicklich die Darstellung dieser Ehe ist, so hoch interessant sind die geschilderten Einzelheiten, da sie die Unterschiede in die Lebensauffassung und Lebensweise zwischen unserm brandenburgischen Norden und dem halb barbarischen fernen Osten scharf hervorheben. Die hier geschilderten Vorgänge würden für einen Roman nur w'enig Zuthaten mehr bedürfen.
XII. Die Sammlung unserer provinziellen Kalender, über welche letztere ich zu Ihnen wiederholt gesprochen habe, kann ich heute aus der Niederlausitz vermehren. Ich lege den Sorauer Kalender auf das Gemeinjahr 1902 und den Sorauer Wirtschafts- und Historien-Kalender auf das Jahr 1902 vor. Beide Kalender