16. (6. ordentliche) Versammlung des X. Vereinsjahres.
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vember 1901 durch u. M. Herrn Stadtbibliothekar F. Lüdicke, lege ich zur Kenntnis vor. Mit grosser Treue aufgenommen sind es 4 Bilder: 1. die Teilnehmer der Fahrt, darunter mehrere Herren aus Frankfurt, vor dein Portal des alten Kollegienhauses (Universität), 2. ein Teil der schönen städtischen Promenade längs der alten Stadtmauer, die nebst ihren Weichbildern und Türmen mit Epheu und Fünfblatt übersponnen erscheint, 3. das Portal auf der Nord- se'ite der Ober-Kirche (St. Marien), welches in gothischen Formen entwickelt, einen reichen Skulpturenschmuck aufweist, darunter rechts u. a. ein Affe (Meerkatze) der eine Ratte gepackt hat, eine merkwürdige Darstellung, auf die ich in der Sitzung am 29. Januar 1902, woselbst ich u. a. über die Hausratte zu sprechen gedenke, zurückkommen werde. Der unterste Plattenaufbau des Portals rechts wie links sowie die Sockel der anstossenden Backsteinmauern sind aus grauem Sandstein gefertigt und mit in katholischer Zeit aus abergläubischen Zwecken eingeriebenen Rundmarken (Näpfchen) sowie Längsrillen (Wetzscharten) förmlich bedeckt. Namentlich die letzteren Zeichen sind am Portal so massenhaft ausgeführt worden, dass die Sandstein - Ornamentstücke dadurch deformiert erscheinen. Über diese Näpfchen und Rillen habe ich öfters zu Ihnen gesprochen und sie Ihnen namentlich au der St. Nikolaikirche in Spandau (dort im Backstein angebracht) bei unserer Wanderfahrt am 7. September 1901 vorgezeigt. Ich gedenke, auf die damit verbundenen volkskundlichen Probleme im Zusammenhänge zurückzu- kommen, sobald ich Zeit finde, über die kürzlich erschienene Schrift des Herrn A. Magni zu sprechen, zu welcher ich mancherlei Beiträge geliefert habe. — 4. endlich das stilsaine Denkmal, in der Dammvorstadt am rechten Oderufer, dessen Damm die bis auf 5,41 in gestiegenen Fluten am 27. April 1785 durchbrachen. Drei Minuten links von der Brücke, wo beim Rettungswerke der Regimentskommandeur Herzog Leopold von Braunschweig ertrank, also im eigentlichsten Sinne auch einen Heldentod starb, ist das neuerlich restaurierte, von der Stadt in Unterhaltung genommene Sandsteindenkmal errichtet. Die allegorischen Gestalten, welche auf rundem Postament mit des Herzogs Porträtmedaillen eine Urne tragen, und diejenigen, welche sich neben demselben befinden, erklärt die pathetische Inschrift von Ramler. Am Todestage hält die von Leopold begründete Garnison- oder Leopold- Schule (Kasernenstrasse) hier eine Gedächtnisfeier ab.
Für das Jahr 1902 ist eine Brandenburgia-Wanderfahrt nach Frankfurt a. O. geplant, wo wir alles dies und die vielen anderen
*) Das Kollegienhaus in der Richtstrasse stammt in seiner äussern Gestalt aus dem Jahre 1693, enthält jetzt die 1813 gegründete Oberschule (städt. Realgymnasium), während die Universitas Viadrina 1506 gegründet wurde und zu ihren ersten Musensöhnen Ulrich von Hutten zählte. 1618 doktorierte hier der berüchtigte Tezel.