Heft 
(1911) 19
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16. (4. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

Demonstriert wurde, wie die Wenden sich auf der altgermanischen Königsburg einlogiert und welche Veränderungen sie mit ihr vorgenommen. Das germanische Haus (über das in diesem Blatt mehrmals, zuletzt unter Beifügung einer Abbildung berichtet wurde. D. Red.) war ebenfalls wieder sauber freigelegt und wurde in allen Einzelheiten erläutert. Gerade gegen­über am änßersten Ende des Burgwalls ist dieser Tage ein scharfer, bis fünf Meter tiefer Schacht in zwei Meter Breite hineingetrieben worden, an welchem den gespannt Lauschenden nochmals die germanische Holz­konstruktion der Umfassungsmauer nachgewiesen wurde. Diese Konstruktion ündet man übrigens an unseren Küsten nicht selten zur Herstellung von Molen und Buhnen verwendet.

Es war durch den Spaten wieder eine Menge von Kulturresten zutage gefördert: oben wmndische Gefäßreste von Wellen-, Zickzack-. Flämmchen- und Kammstriegelmuster deutlich erkennbar. Dazu vorwendische Scherben, die sicherlich verschiedenen Kulturepochen angehören, vielleicht vom 5. und 4. christlichen Jahrhundert rückwärts um ebenso viele Jahrhunderte bis in die vorchristlische Epoche zurückreichen. Nach Geheimrat Friedeis Meinung schienen manche tief ausgegrabenen schwarzen Gefäße bis in die sogen. Hallstatt- und die Zeit der Niederlausitzer Urnenfelder zurückzu­weisen.

Außer der Fortsetzung der Aüfgrabung und Ausforschung der Königsburg selbst will Herr Schuchhardt ini nächsten Jahre der Nachbar­schaft der Römerschanze seine Aufmerksamkeit widmen. Es gilt zweierlei: einmal die Wohnstätten des Stammes aufzufinden, der in der Römerschanze sein Refugium hatte, und dann den Urnenfriedhof, wo die Bestattung der eingeäscherten Bewohner stattfand.

Nach den Geldmitteln befragt, äußerte der Leiter der Ausgrabungen, daß ihm ein rheinischer Mäcen 2000 M. zur Verfügung gestellt habe, sonst besäße er keine Subsidien weder vom Königlichen Museum noch vom Staat noch von der Regierung, noch von der Provinz und dem Kreise. Daß so etwas möglich sei, erregte allgemeines Staunen. Mit vollem Recht. Man denke an die Nähe der Reichshauptstadt Berlin und der Residenz­stadt Potsdam. Welche Unsummen werden auf die Saalburg um den Limes romanus verwendet! Und hier handelt es sich um den größten Ringwall Norddeutschlands und um eine germanische Königsburg. Und dafür die geringen Mittel zu beschaffen, findet sich unter unseren All­mächtigen und unter unseren oberen Zehntausend kein Gönner bereit; was wird das Ausland dazu sagen?

Ich kann nicht unterlassen, auch an dieser Stelle die Anfrage an den uns befreundeten Potsdamer Geschichtsverein zu richten, anzu­geben, ob der NameKönigswald, in welchem die Römer- (alias Rüber-) Schanze liegt, volkstümlich alt oder nur Gelehrtenerfindung ist wie z. B.