Heft 
(1911) 19
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18. (5. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

ich meinem bisher gebrauchten Wappen gerne möglichst nahe bleiben möchte. Mit diesembisher gebrauchten Wappen hat es nun folgende Bewandnis. Schillers Vater Johann Kaspar führte bis 1766 ein Wappen mit einer Blume mit sechs Blättern oder einem Zweig mit sechs Blättern im Schilde und einem Arme mit einem gezückten Schwerte auf dem, übrigens nicht gekrönten, Helme. Zwischen 1766 und 1774 hat Johann Kaspar dann von einem jener, damals schon stark ihr Unwesen treibenden Wappenfabrikanten das Wappen der AdelsfamilieSchiller von Herdern, als sein eigenes, erhalten, danach ein Siegel stechen lassen und damit von da ab auch gutgläubig gesiegelt. Nach diesem Petschaft hatte sich der Dichter ein eigenes anfertigen lassen und siegelte damit bis 1802. Da die Wiener Kanzlei des Dichters Wunsch hinsichtlich desbisher gebrauchten Wappens im wesentlichen erfüllte, ist dann eben das Endergebnis das gewesen, daß des Dichters neues Wappen dem Wappen der Adelsfamilie Schiller von Herdern derart glich, daß die Genealogen der Folgezeit Jahrzehnte hindurch immer geglaubt haben, Schillers Zugehörigkeit zu dieser Familie könne als erweislich gelten. Daß die Wiener Kanzlei an alle dem aber ganz unschuldig ist, dürfte das Vorstehende klar ergeben haben.

Am 18. Juli 1802 schreibt Schiller an Voigt:Aufs schönste danke ich Ihnen, verehrtest«' Freund, für das brillante diplomatische Testimonium, das Sie mir erteilen. Es ist freilich keine kleine Aufgabe, aus meinem Lebenslauf etwas herauszubringen, was sich zu meinem Verdienst um Kaiser und Keich qualifizierte, und Sie haben es vortrefflich gemacht, sich zuletzt an dem Ast der deutschen Sprache festzuhalten. Mit alledem dürfte auch die Behauptung auf das bündigste widerlegt sein, Schiller sei mit seiner Adelungüberrascht worden und habe erst aus den Zeitungen davon erfahren.

Trotz dieser bündigen Erklärung wird es nicht lange dauern bis die Mythe, Schiller sei von der Adelsverleihung vollständig überrascht worden, wieder von neuem in der Tagespresse auftaucht. Die mythenbildende Kraft der Volksseele ist unüberwindlich. Zu dergleichen törichten, immer wieder aufgetischten Legenden gehört auch die, daß der große Dichter in bitterer Armut gestorben sei, während doch schon bei der Schillerfeier i. J. 1859 im Druck das Verzeichnis des reichen Inhalts von Schillers Weinkeller erschien, der wahrlich keinem armen Manne angehören konnte.

V. Cornelius Gurlitt: Freilegung und Umbau alter Kirchen und Paul Giemen: Schutz der Grabdenkmäler und Friedhöfe. Beides Vorträge vom 9. Tag für Denkmalpflege zu Lübeck, 24. und 25. Sep­tember 1908, und vor kurzem für die Bibliothek in freundlicher Weise überreicht von unserm Provinzial - Konservator Herrn Landesbaurat Pro­fessor Goecke.