Heft 
(1911) 19
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18. (5. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

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Beide Themata können nicht oft genug auch in unserer Branden­burgs wach gerufen werden. Aus beiden möchte ich je einen Punkt hervorheben.

Gerechtfertigt ist die Freilegung kirchlicher Gebäude von profanen Anbauten, die an sich mit der Kirche nichts zu tun haben. Recht böse Beispiele kann man z. B. in Amsterdam sehen, wo an alte Kirchen Kram­buden angeklebt sind, die sicherlich früher aus leichtem Material bestanden um Kränze, Blumen, Wachskerzen, Votivgaben, Rosenkränze, Traktätchen und Heiligenklein verschiedenster Art feilzubieten. Diese Krambuden wurden im Laufe der Jahrhunderte immer solider, die Geistlichkeit erhob davon einen Mietzins und so sind diese verunzierenden Anbauten nicht nur niet- und nagel-, sondern auch mauerfest mit dem Kirchengebäude geworden und hierzu ist per fas oder nefas häufig juristisch noch die Ersitzung oder eine Reallast entstanden, die die Beseitigung der Anbauten erschwert. Ferner wird bei den Freilegungen häufig übersehen, daß der Erbauer der Kirche dieselbe von vornherein für eine enge Umgebung, nicht für einen großen freien Platz vorgesehen hatte. Nach der Freilegung wirken deshalb die kirchlichen Gebäude oft befremdend, ein wenig schönes Stadtbild bietend. Bei dem Dom in Cöln, der dem H. Petrus mit Rück­sicht auf die Rheinfischerei gewidmet ist, hat man einmal die seit Jahr­hunderten nicht zu beseitigenden Bauhütten fort geschafft, außerdem den später in Folge der Stadtbefestigung immer mehr eingeklemmten Kirchbau mit Aussicht auf den Strom freigelegt. Das Gesamtbild sowohl des hehren Doms wie des benachbarten Stadtteils hat dadurch gewonnen.

Anders liegt die Sache bei der Marienkirche in Berlin. Dieselbe ist für einen viel kleineren Platz als den seit einigen Jahren gewonnenen und mit dem Neuen Markt vereinigten Gesamtplatz oder Doppelplatz berechnet gewesen.

Mußte man die alten kleinen Häuser, die das Gotteshaus nach dem Neuen Markt zu beengten und verunzierten, aus verkehrlichen Gründen beseitigen, so durfte man doch die Kirche nicht ganz bar und bloß freilegen, so wie es jetzt geschehen, zumal die umliegenden Straßen, wie gewöhnlich bei mittelalterlichen Kirchen, allmählich höher geworden sind, so daß die Kirche in einer für das Auge nicht angenehmen Ver­tiefung liegt.

Der Magistrat hatte deshalb ganz richtig vorgeschlagen, den freige­legten Platz nach der Kaiser Wilhelm Straße, Bischofstraße und dem Neuen Markt zu mit einer Säulenhalle zu umgeben, welche das Gesamt­bild verschönert und die Versunkenheit des Kirchengebäudes gut maskiert haben würde, wie das in der Klosterstraße vor der Klosterkirche mit bester Wirkung geschehen ist. Leider hat die Stadtverordneten - Versammlung seinerzeit die betreffenden baulichen Vorschläge abgelehnt. Ich brauche kaum hinzuzufügen, daß, wenn eine spätere Verwaltung einen solchen