Heft 
(1911) 19
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19. (14. außerordentliche) Versammlung: des XVIU. Vereinsjahres.

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zum Handeln gefunden, indem er das Edikt von Potsdam vom 8. November 1685 erließ, worin er den bedrängten Glaubensgenosseneine sichere und freye retraite in allen seinen Landen und Provinzen in Gnaden offeriert. In hochherziger Weise wurde ihnen die Aufnahme gewährt; und sie müssen in großen Scharen gekommen sein, da ihre Zahl auf der neuentstehenden "Dorotheenstadt bald die Gemeinde deutscher Herkunft übertraf. Durch einen kurfürstlichen Erlaß wurde ihnen der Mitgebrauch des neuen Gottes­hauses gestattet und bereits am 29. Januar 1688die erste französische Predigt gehalten, wobey die jungen Prinzen gewesen (Chronik). Unter Brandenburgs Schutz durften die Flüchtlinge eine Friedensstadt finden und froh in das Wort des 117.

Psalmen einstimmen, das eine alte Inschrift an der Orgel bewahrt:

Nations loucz le Seigneur, peuples chantez ä son bonlieur.

Die durch die Fürsorge des Großen Kurfürsten errichtete Kirche war in Kreuzesform gebaut mit östlicher Apsis. Im Innern trugen vier mächtige Säulen ein Kreuz­gewölbe; unter der Kirche zogen sich Gewölbe hin zur letzten Ruhe­stätte hervorragender Gemeinde­glieder bestimmt. In dieser Gestalt hat die alte Kirche den Gottes­diensten beider evangelischen Konfessionen gedient bis in die neuere Zeit. Eine Reihe zum Teil hervorragender Geistlichen haben an ihr gewirkt wie Porst,

Roloff, Küster aus älterer Zeit, und in neuerer Spill icke, Gillet,

Brunnemann, Vater und Stechow.

Das Angedenken des letzteren bewahrt eine Brouzetafel neben der Kanzel.

In schwerer Gefahr hat die Kirche im Jahre 1806 gestanden, da sie den Feinden zur Lagerstatt diente; in jenen Tagen ist die aus der alten Domkirche stammende Kanzelvon des französischen Kaisers Napoleon seinen Soldaten verbrandt (Ckronik).

Erst in den Jahren 1860 bis 1862 erhielt die Kirche unter Erhöhung der Kreuzeswinkel und Anfügung des Turmes ihre jetzige Gestalt und gewährt mit den zwiefachen Säulenhallen, von ihrem alten Kirchhof ein­gefriedet, mitten im Verkehr der Großstadt ein besonders anmutendes friedliches Bild.

Abb. 3. Dorotheenstädtische Kirche.

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