86 21. (7. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.
alles zu vernichten, was von den Vorgängerinnen noch überliefert war. Das ist natürlich nicht der Fall gewesen, unglücklicherweise haben aber oft die ältesten charaktervollsten Bauwerke der Linienführung des späteren Architekten recht unbequem im Wege gestanden. Während heute wenigstens öffentliche Gebäude, z. B. Tore, Verteidigungstürme, Wehrgänge, Stadtmauern, einigermaßen, obgleich noch lange nicht genug, durch das Gesetz und Polizeiverordnung geschützt werden und allemal erst der Provinzial- Konservator, auch wo es sich nur um Veränderungen der alten Bauwerke handelt, gehört werden muß, ist früher von dergleichen Schutzmaßregeln keine Bede gewesen und alles auch nur scheinbar Hinderliche schonungslos beseitigt worden. Dagegen erscheint die mittelalterliche, gewissermaßen naive Praxis, die z. B. bei teilweise abgebrannten romanischen Kirchen deren Ergänzung unzählige Male im gotischen Stile ausgeführt, geradezu harmlos. So warf die moderne Befestigung Berlins unter dem Großen Kurfürsten den bis dahin noch vorhandenen äußeren Anblick Berlins und Alt- Köllns mit seinen stattlichen Tor- und Brücken türmen, Inwieken, Mauerzinnen und Wehrbauten ganz über den Haufen und setzte an dessen Stelle das Bild einer holländischen Festung im ungefähren Grundriß eines Quadrats mit vorgelagertem Gürtel von etwa 14 durch Kurtinen verbundenen Bastionen. Obwohl dies Bollwerk an der Spree niemals eine Belagerung erfuhr, verstärkte es der Große Kurfürst noch durch vorgelagerte Eavelins in dem später sogenannten Königsgraben und durch Einbeziehung der neuen Dorotheenstadt in das Verteidigungssystem, wodurch das Stadtbild wieder wesentlich im Äußern wie Innern verändert wurde.
Dem Namen nach blieb Berlin unter dem ersten preußischen König noch Festung, wie das u. a. die Jahreszahl am „Wusterhausener Bär“ beweist, der in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ebenfalls unbequem wurde, aber wenigstens in seiner äußeren Gestalt durch Versetzung des Bauwerks in die Gartenanlagen beim Märkischen Museum gerettet worden ist.
Bei den Festungsbauten Berlins unter Kurfürst Friedrich Wilhelm und seinem Sohn war das künstlerische und malerische Element keineswegs vernachlässigt worden. Wir wissen aus zeitgenössischen Abbildungen, daß sich die Fortifikation Berlins höchst stattlich ausnahm. Über einer aus Werkstücken auf gemauerten Vorderfront erhob sich der grüne Erdwall in 8 Meter Höhe. Die Tore waren mit Bildhauerarbeiten verschiedener Art: Trophäen, kriegerischen Göttern und Göttinnen u. dgl. geschmückt. Davor lag der breite, stattliche Graben, dessen zur Wasserspannung dienende Wehre ebenfalls' künstlerisch ausgestaltet waren. Hieran schlossen sich nach außen breite, mit Bäumen bepflanzte Glacis.
Nachdem die neuen Stadtteile mit Rücksicht auf die Akzise und die Fremdenpolizei teils mit einer einfachen Steinmauer, teils — im Nordosten — mit einem Palisadenzaun umgeben worden waren, wurde die kurftirst-