Heft 
(1911) 19
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21. (7. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

Opernpalast ein viel billigeres und dabei sehr schönes fiskalisches Gelände, das vormals sogenannte Krollsche Etablissement, gefunden ist, auf welchem zurzeit das später ebenfalls dem Untergange geweihte Königlische Neue Opernhaus sich erhebt.

Yon Zeit zu Zeit taucht der Vorschlag auf, dem schönen Schliiterschen Bau der Loge Royal-York in der Dorotheenstraße den Garaus zu machen, sei es, daß an die Stelle ein kasernenartiger Neubau, der hübsch Miete einbringt, unter Beibehaltung von Räumen für die Freimaurerei, tritt, sei es, daß nach dem Beispiel der ehemaligen Großen Landesloge in der Oranienburger Straße das Grundstück teuer verkauft und eine Loge in Berlin W. errichtet wird. Die Aufsichtsbehörde wird, falls der Fall akut werden sollte, hier hoffentlich ihr Veto einlegen.

Von Zeit zu Zeit läuft das Gerücht um, daß die Tage des Nieder­ländischen Palais zwischen Unter den Linden und Behrenstraße sowie des jetzt geräumten friderizianischen Bibliothekgebäudes am Opernplatz gezählt seien. Beim Schwanken der Meinungen läßt sich schwer sagen, welchen Verlauf die Sache nimmt, jedenfalls sollte gegen den Abbruch der außer­ordentlich schön wirkenden Fassade der ehemaligen Bibliothek der Staats­konservator ernstlichst Einspruch erheben.

Einer besonderen Schonung möchten wir das vornehm wirkende Konsistorialgebäude, Ecke Schützen- und Jerusalemer Straße, empfehlen, an welchem noch die eisernen Fackelhalter vorhanden sind, erinnernd an die Zeiten des 18. Jahrhunderts, wo hier Kavaliere und Hofdamen ver­kehrten und Karossen mit Mohrenkutschern und Läufern hielten.

Deplaciert kommt sich selbst das alte ehrwürdige Charitegebäude vor inmitten der vielen in hanseatischem Rohziegelbau aufgefiihrten neuen Kranken- und Dienstgebäude: es steht unrettbar auf dem Aussterbeetat, zumal es von den Ärzten als unbequem und unhygienisch erachtet wird. Hoffentlich erwartet ein gleiches Schicksal nicht sobald den wirkungsvollen Bau der benachbarten Tierärztlichen Hochschule in der Luisenstraße. Auch dort wußte man wohl von einem Ersatzbau oder einer gänzlichen Verlegung ein lockendes fiskalisches Bild zu entwerfen, vorläufig fehlt der Nervus rerum zum Glück auch hier.

Die Tore eines Gemeinwesens bilden allemal einen Markstein seiner Entwicklung und einen der wichtigsten Faktoren im Stadtbilde. Wie hat man in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gegen die Stadttore ge­haust! Ohne zwingende Gründe wurden z. B. das Oranienburger, das Hamburger, das Rosenthaler und Schönhauser Tor zur Strecke gebracht, während, vergleichsweise gesagt, die Pariser ihre Tore längs der Boulevards unter ganz ähnlichen Verhältnissen als Denkmäler der Baugeschichte bei mindestens ebenso starkem Verkehr ruhig haben stehen lassen.

Seit Jahrzehnten tobt der Kampf mit zeitweiligen Unterbrechungen gegen das Schinkelsche Neue Tor und Potsdamer Tor, sowie gegen das