Heft 
(1911) 19
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94 21. (7. ordentliche^ Versammlung des XVIII. Vereiusjahres.

sondern unter den Ressortministern. Was soll er z. B. gegen den Kultus­minister, gegen den Minister des Innern, gegen den Minister der öffentlichen Arbeiten, gegen den Kriegsminister und vor allem gegen den allmächtigen Finanzminister ausrichten, wenn diese Ministerien, die zu befehlen gewohnt sind, aus irgend einem, meist einem fiskalischen Grunde nicht seiner Meinung sind?

Und da gibt es noch Schwärmer, die in dem Kampf um die alten Bauwerke Berlins die Einsetzung eines städtischen Konservators wünschen. Glauben diese Herren im Ernst, daß der betreffende Kommunalbeamte größeren Einfluß als ein hoher Staatsbeamter ausüben würde? Nein, wohl aber würde diese städtische Institution nur dazu dienen, sich selbst gehörig zu blamieren und der Stadt Berlin bis in die höchsten Kreise neue, meist recht unbequeme Feinde zu verschaffen. Ausrichten würde ein städtischer Konservator absolut nichts.

Es gibt nur einen einzigen Faktor, der in dem Kampf um die alten Bauwerke Berlins vielleicht in einzelnen Fällen etwas ausrichten kann: das ist die öffentliche Meinung, vertreten durch die öffentliche Presse, möge diese zum Besten Berlins recht oft und recht eindringlich ihre Stimme erheben.

X. Hussitenfest Bernau. Das übliche Fest zum Gedächtnis der Befreiung Bernaus von der Bedrohung durch die czechischen Fanatiker' im 15. Jahrhundert wird bekanntlich alle Jahr von den Städtischen Be­hörden unserer freundlichen Nachbarschaft am Sonntag Rogate mit Gottes­dienst und einer geselligen Zusammenkunft in dem Städtischen Gasthaus am Liepnitzsee gefeiert. Für die große Menge, insbesondere das Berliner Sonntagspublikum ist diese kommunale Feier nicht bestimmt.

Von u. A. M. Herrn Rektor Monke erhalten wir nun folgende Zuschrift:

Kürzlich äußerte sich der sächsische Minister Graf Vitzthum über die Bedeutung der Volksfeste folgendermaßen: Das Bestreben des Volkes, die grauen, oft trüben Eindrücke des Alltags durch Feste zu unterbrechen, ist durchaus gerechtfertigt; nur muß man die Wege bahnen zur Vertiefung und Veredelung solcher Feste. Gewöhnlich fehlt es den Volksfesten an innerer Beliebtheit, an selbstschöpferischer Frische und Regsamkeit, weil alle zu sehr Zuschauer und Zuhörer geworden sind; jeder erwartet viel zu viel von dem andern und vergißt darüber, daß er selbst einen Einsatz an Persönlichkeit, an innerer Freudigkeit in das Spiel geben muß, um aus ihm einen möglichst hohen Gewinn zu ziehen. Wem fiele bei diesen Worten nicht die Bernauer Hussitenfeier ein, die sich leicht so ausgestalten ließe, daß sie den vom Grafen Vitzthum aufgestellten Forderungen entspräche? Hier ist eine Vertiefung und Veredelung des Festes möglich; denn es ruht auf geschichtlicher Grundlage; auch ist die Örtlichkeit, das an mittelalter­lichen Erinnerungszeichen so reiche Bernau, sehr wohl geeignet, und die Nähe Berlins sichert einigen Zuzug, wenn das Fest wirklich etwas bietet