Heft 
(1911) 19
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21. (7. ordentliche Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

das britische Unterhaus aufs emsigste beschäftigt, und es hat sich dabei herausgestellt, daß man über alle diese Dinge in England viel mehr weiß als in Deutschland selbst. Jedenfalls wurden da Dinge erzählt, von denen man bisher keine Ahnung gehabt. Nun hat zum Schluß auch noch, wie vorher die deutschen Dreadnoughts, das deutsche Schwarzbrot seine Balfours und Blatchfords gefunden. Es ist ein heißer Kampf darüber ent­brannt, was eigentlich Schwarzbrot sei und ob es besser schmecke als das britische Weißbrot oder nicht. Die Liberalen haben den englischen Arbeitern eine heillose Angst eingejagt mit der Drohung, daß, wenn sie für die schutzzöllnerischen Konservativen stimmten, es in Zukunft nur noch deutsches Schwarzbrot für sie geben werde. Aber dieLords, wie man sich gewöhnt hat, die konservativen Kandidaten kurzweg zu nennen, haben dem englischen Wähler versichert, daß er sich darüber nur freuen könne. Denn das deutsche Schwarzbrot sei eine Delikatesse, die in London leider bisher nur imGambrinus zu haben sei. Darauf hat am Sonnabeud Minister Lloyd George in einer fulminanten Bede geantwortet:Ich will Ihnen einen Eat geben: Lassen Sie uns die Lords drei Monate lang mit deutschem Schwarzbrot füttern, und sie werden rufen:Um Gottes willen, laßt uns das Budget annehmen! Heute morgen lassen sich konservative Zeitungen spaltenlange Artikel aus Berlin telegraphieren, in denen endlich die Ehre das guten deutschen Schwarbrotes doch gerettet wird. Da werden vier Arten von Brot unterschieden: der Knüppel, die Schrippe, das Schwarzbrot und der Pumpernickel, und so appetitlich sind Zubereitung und Aussehen beschrieben, daß dem englischen Leser ordentlich das Wasser im Munde zusammenlaufen muß; als das wohlschmeckendste, nahr­hafteste und nachhaltigste aller Brote aber wird das Schwarzbrot genannt. Wenn die konservative Partei wirklich siegt, verdankt sie es nicht zum wenigsten dem hier so viel geschmähten und doch so wohlschmeckenden deutschen Schwarzbrot!*)

Da unser verehrtes Mitglied Herr Sökeland sich nicht nur als Vorstandsmitglied des hiesigen Vereins für Volkskunde mit der Geschichte des Brotes, sondern auch als Fabrikant mit der Herstellung des Pumper­nickels seit langer Zeit beschäftigt, so habe ich ihn um ein Urteil über die Grabowsche Schrift und um Angaben über die Herstellung und den Ver­trieb des Pumpernickels bei uns gebeten.

Herr Hermann Sökeland schreibt:Ich habe die Arbeit durchgesehen, bin aber nicht von Herrn Grabows Ansicht überzeugt. Herr Grabow hat

*) Späterer Zusatz. Zeitungsnachrichten zufolge ist noch niemals zuvor so viel Schwarzbrot und Pumpernickel von Berlin her nach England bestellt und verlangt worden, wie in den letzten Wochen. Wir können uns nicht nur als Patrioten hierüber, sondern auch als Volks- und Heimatkundige darüber freuen, daß das Vorurteil unserer insularen Vettern gegen das deutsche Schwarzbrot auf diese Weise hoffentlich dauernd er­schüttert worden ist.