Heft 
(1911) 19
Seite
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Elisabeth Lemke.

Teufel selber nimmt gern die Gestalt eines Raben au. 1 ) Am Solling ließ sich (nach Sohnrey) der Teufel durch Raben vertreten.

Da der Teufel Glückspiele befördert, kann es nicht verwundern, daß ein Rabe einigen Zechern Würfel aus der Luft zugeworfen hat. Das sog.Teufelsgeld kehrt immer wieder in die Tasche seines Eigentümers zurück; es ist dies das Geld, das der Teufel in Rabengestalt den Menschen überbrachte. 2 )

Die Heiligen Bonifacius und Macarius wurden in ihrer Andacht vom Teufel in Rabengestalt gestört. Bei der Beschwörung vonBesessenen flog der Teufel als Rabe aus ihnen heraus. In der Sage vom Faust bringt ein Rabe jenem den Teufelsvertrag. Eine traurige Rolle (als Ausdruck der Sünde) spielte der Rabe einst bei Taufen; er war in einigen Kirchen, wie z. B. zu Mailand im Baptisterium, neben dem Kreuze und der Taube abgebildet; die Täuflinge wurden in das Allerheiligste geführt, wo sie dem Teufel entsagten, worauf man sie umwandte und sie das Taufwasser und jene Symbole sehen und dann das Glaubensbekenntnis ablegen ließ; hierauf stiegen sie aus dem Wasser zur Taufe. 3 )

Der später zum Heiligen erhobene, ursprünglich als König von England auftretende Oswald (der am 5. August 642 im Kampfe gegen den heidnischen König Penda fiel) teilte nicht diese Verachtung der Raben. Man erzählt, der Vogel sei ihm auf die Schulter geflogen; auch auf Oswalds Zepter finden wir ihn. Hinterher wurde Oswald in Bayern und Tirol der mächtigste Wetterherr. Am 5. August findet seine Feier statt. In der Prozession, die auf sehr beschwerlichen Wegen zur Oswald- Kapelle am Isinger klettert, wird die große Statue des Heiligen getragen; auf dem Zepter derselben sitzt ein Rabe. Im Museum zu Innsbruck befindet sich eine Handschrift, die uns erzählt, welchen Rat ein alter Mann dem König Osw T ald gab, als dieser nach einem Boten an die von ihm zur Gemahlin begehrten Kaisertochter suchte. Der Alte sprach: ich wil dir raten: du hast zogen auf dein hoffe dein, dez lob got der genaden sein, einen edlen raben.

Den solt du ze einem poten haben.

(Zeitschr. f. d. Phil. 1875, S. 380) In einer Wiener Handschrift fragt König Oswald den Tragemund: ob er nicht eine für ihn passende Königin kenne. Tragemund empfiehlt ihmjuncfraw spange, die Tochter eines heidnischen Königs, der fern über dem Meere wohne, und rät ihm, seinen Raben recht bald als Abgesandten zu schicken:

l ) Grimm, D. M. 833.

b Wohlthat, a. a. O.

3 ) Friedreich, a. a. 0.