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Der Rabe in der Volkskunde.
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vorgulde ym seyn gefedere vorsilbere ym dy clawen seyn, vorgulde ym seyn snabil feyn.
Macke ym uf das hewpt schone Eyne güldene erone Und losz yn jn das heiden land Flien — . . . . u. s. w.
Der Rabe soll alles zum glücklichen Ende geführt haben. (H a u p t, Ztschr. f. d. A., 2. Bd. 1842.) ')
Im Gegensatz zum allgemeinen Verhalten der Kirche, die den schwarzen Raben — das Sinnbild der Allwissenheit — verdammte und die weiße Taube zum Sinnbild des heiligen Geistes nahm, waren doch noch ein paar fromme Leute mit Raben befreundet. — Den hl. Gregor begleiten drei fliegende Raben; ebenso viele fliegen um den hl. Benedictus. Und Raben sind auch die treuen Gefährten des hl. Menrad (oder Mainrad). s )
Mainrad, ein Graf im Saalgau, begab sich als Einsiedler in einen Wald, wo er Raben um sich hatte. Als ihn nach einigen Jahren Räuber ermordeten, überfielen die Raben die Mörder mit Geschrei und Hieben so lange, bis das umwohnende Landvolk (das die Raben des Mainrad kannte) die Mörder festnahm und so alles entdeckt wurde. — Daher wird dieser Heilige auch mit Raben an seiner S.eite dargestellt. a )
Durch Raben ist auch ein anderer Mord ans Licht gekommen:
Der Senn erschlug den Hirtenknab’;
Er warf ihn über die Fluh hinab,
Ins tiefe Tal, in tiefe Schlucht,
Wo niemand den fremden Knaben sucht;
Nur Raben umkrächzen die tiefe Gruft,
Nur Raben kreisen in hoher Luft.
Erst nach mehreren Jahren sollte man Kunde davon bekommen. Die Bauern zogen zur Messe die Alpenhöhe hinauf; und als sie nachher beim Imbiß im Sonnenschein ausruhten, flogen krächzende Raben über ihnen hin und her, — und ein Totenbein fiel hernieder. Dem Sennen perlte der Angstschweiß: denn als er den Knochen berührte, begann aus demselben Blut zu fließen.
Und was er Nachts verübt allein,
Was er gesponnen hielt so fein,
Gestand er jetzt im Sonnenschein. 4 )
') Wohlthat, a. a. 0. s ) Wohlthat, a. a. 0.
3 ) Friedreich, a. a. 0.
4 ) Wohlthat, a. a. 0. (Herzog S. 108; Rochholz, S. 55.)