Heft 
(1911) 19
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22. (15. außerordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

und erst als der Verein die Sammlung dem preußischen Staate zum Geschenk anbot, übernahm dieser 1905 die umfangreiche Sammlung und gliederte sie dem Bestände des Museums für Völkerkunde an. Da im Museumsgebäude kein Raum für die reichhaltige Sammlung war, blieb sie in ihrem alten Heim in der Klosterstraße 36 und wurde dort von dem * Direktorial - Assistent Dr. K. Brunner neugeordnet.*) Sie erhielt die BezeichnungKönigliche Sammlung für Deutsche Volkskunde und steht seit dem 1. April 1908 unter der Leitung des Direktors Prof. Dr. K. Schuchhardt.

Unter Führung des Herrn Dr. Brunner und seiner Gattin wurde ein Rundgang durch die Räume der Sammlung angetreten. Zunächst besichtigte man die erste Abteilung, die Trachten, Geräte und Möbel aus Litauen Pommern und Schlesien enthält. Aus Litauen sind verschiedene Webereien, buntfarbige und dunkele Gewänder, grüne Möbel mit bunten Blumen, Musikinstrumente und Fischereigeräte ausgestellt, aus Pommern und Schlesien Hausgewänder und Hochzeitstrachten, Geräte des täglichen Lebens, Stickereien, Schmucksachen und Schnitzarbeiten. Hier hängt die charakteristische buntfarbige Tracht der Bäuerin vom Pyritzer Weizacker, dort der dunkle Rock der Bauern aus Mönchsgut auf Rügen, hier das buntbebänderte Kostüm eines Hochzeitsbitters aus Jasmund bei Köslin, hier Trachten aus der Oppelner, Glogauer und Breslauer Gegend. Da­zwischen verteilt liegen einzelne reichverzierte Kleidungsstücke, gestickte Hauben und Mieder, Brautkronen mit Flitter- und Perlschmuck, Bräutigams­sträuße und Brautgürtel mit silbernen Beschlägen, schöngewebte und mit Darstellungen verzierte Tisch- und Bettwäsche, gestickte Strümpfe und Handschuhe und vieles andere zum täglichen Gebrauch und zur Fest­kleidung. In anderen Schränken findet sich buntbemaltes Geschirr aus jenen nordöstlichen und östlichen Gegenden, Teller und Schüsseln, Bier­krüge und Schnapsflaschen mit bunten Figuren und trefflichen Verslein, Küchengeräte aus Holz und Steingut, Butterformen, Kuchenspritzen und Mangelhölzer mit Kerbschnitzerei; an anderer Stelle wieder lenken mannig­fache Hausgeräte und Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens die Auf­merksamkeit des Besuchers auf sich; beigefügt sind verschiedene Abbildungen nach photographischen Aufnahmen.

Die nächsten Räume enthalten Gegenstände aus Mecklenburg, Holstein, Friesland und den El binar sehen, darunter die charakteristi­schen Trachten der Vierländerinnen und der ostfriesischen Bäuerinnen, schöne Schränke und Truhen mit Schnitzereien und Intarsien, kunstvolle Wandvertäfelungen und die eigenartigen Wandbetten jener nordwestlichen

*) Der Bericht Uber die Neuaufstellung der Sammlung im Jahre 1907 aus der Feder von Herrn K. Brunner befindet sich in derZeitschrift des Vereins für Volks­kunde Bd. 18, S. 241 ff. Eine Schilderung des Volkstrachtenmuseums im Jahre 1899 gibt G. Albrecht in der ZeitschriftDer Bär, Jahrg. 25, S 441ff.