Heft 
(1911) 19
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24 . (8. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

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er die Schnauze aber nach oben gerichtet, ist Feuer zu erwarten. Schreit die Eule nächtlich auf einem Gehöft, so pflegen die Leute Zusagen:Wem wird die wohl zu Grabe juchen? Dasselbe gilt von der Krähe (gemeint ist die Nebelkrähe Oorvus~cornix). Wühlt ein Maulwurf 'dicht am Hause einen Hügel auf, muß in Bälde ein Hausbewohner sterben. Nicht nur, wenn die Katze sich striegelt, sondern auch, wenn man morgens beim Stubenkehren einen Strohhalm unter den Besen bekommt, so ist Besuch zu erwarten. Manche sagen, wenn einzusammengeknoteter Strohhalm im Hause gefunden wird, stehen Gäste in Aussicht. Man darf nie beim Aus­fegen den Schutt über die Schwelle fegen, dann fegt man das Glück mit heraus. Träumt man, alle Zähne verloren zu haben, stirbt man selbst, träumt mau .aber, nur eines Zahnes verlustig zu gehen, stirbt ein Ver­wandter oder naher Bekannter. Sieht jemand am Morgen eine Spinne, bringt sie ihm Sorgen und Kummer; dagegen verheißt sie dem, der sie am Mittag sieht, Glück am dritten Tag, während derjenige, der eine Spinne am Abend zu Gesicht bekommt, noch am selben Abend Gutes erfahren wird. Wenn die Schwalben niedrig fliegen und der Pirol schreit, ist schlechtes Wetter im Anzüge. Doch wird es sich aufklären, wenn die Frösche abends sehr quaken und die Mücken bei Sonnenuntergang eifrig spielen. Alte Leute pflegen zu sagen:Mir reißen schon wieder die Knochen, das ist auf schlecht Wetter.

Entnommen der Zeitschrift Das Land. 18. Jahrg. 1910,

XII. Über Totengebräuche erzählen die Leute aus dem Kreise Ostrowo in Ostpreußen. Stirbt jemand im Dorfe, so werden gewöhnlich Kinder aus dem Trauerhause (seltener die Totenfrau) abgesandt, die Ver­wandten und Bekannten zumSingen zu laden. Ihre Aufforderung ist meist diese:Die Mutter (oder der Vater usw.) läßt bitten, Ihr möchtet so gut sein, heute abend zum Singen zu kommen. Solange nämlich der Tote auf der Erde ist, müssen allabendlich wenigstens eine Stunde bei ihm geistliche Lieder gesungen werden; die Pausen werden mit Unterhalten aus­gefüllt. Auch wird Schnaps zur Stärkung gereicht. Am Abend vor dem Begräbnis (also am letzten Singeabend) bittet die Frau vom Trauerhause (resp. der Mann oder sonst die erste Person des Hauses) die Gäste, doch am folgenden Tage zum Begräbnis zu kommen. Sie teilt ihnen darauf Zeit der Hausandacht und des Begräbnisses mit. Die Leiche muß stets so auf­gebahrt werden, daß die Füße nach der Tür liegen, sie wird auch so heraus­getragen, daß die Füße zuerst aus dem Hause kommen. Man begräbt den Toten mit dem Gesicht nach Osten gewandt. Bei eintretender Dunkelheit hat man wenigstens ein Licht in dem Raume anzuzünden, wo die Leiche aufgebahrt liegt. Dies Licht muß die ganze Nacht hindurch brennen.

Junge Mädchen werden im weißen Totenhemd, junge Burschen auch ebenso, oder im schwarzen Anzug in den Sarg gelegt. Erstere bekommen ein Sträußchen, letztere eine Mütze in die rechte Hand. Die Särge werden