24. (8. ordentliche) Versammlung- des XVIII. Vereinsjahres.
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Brandenburger eröffnet wurde. Voran ein Trompeter und ein Fahnenträger zu Pferde, denen der Kurprinz in Begleitung seines Feldhauptmanns mit denjenigen Fürstlichkeiten folgte, die zur Zeit des Krieges sich am Spandauer Hofe aufhielten. Prächtige Gestalten berittener Brandenburger und Fußvolk, Bogen- und Armbrustschützen folgten; sie machten einen besonders charakteristischen Eindruck durch die farbenprächtige Tracht. Die Bernauer erschienen mit dem Stadtbanner, gefolgt von Lanzenträgern, dem Bürgermeister von Bernau, Stadträten, dem Scharfrichter, ganz in Scharlachrot gekleidet, mit Strohstrick, Maske, Ketten usw.; ihm folgten die Geistlichkeit, Gelehrte, Stadtschreiber, Bernauer Handwerker und Bürger. Auch fehlten nicht der Ablaßkrämer mit dem Hundewagen und die Schutzjuden der Stadt. Dann kamen die Hussiten mit ihren langen, roten Fahnen. Verwegene Gesellen, die in dem vielgestaltigen, bunten Gewimmel wie eine Horde Wilder erschienen, in Bärenhäute, Schafpelze und panzerähnliche Stücke gekleidet, mit wüst aufgelöstem Haar unter Eisenkappe oder Pelzmütze, die mit Federn geschmückt waren. Nasenschienen und metallne Ohrenklapgen gaben den zerrissenen Gesichtern ein schreckhaftes Gepräge. Diese wild dreinschauenden Burschen waren bewaffnet mit Morgensternen, Flambergen, Tartschen, Sensen, Dreschflegeln, Äxten usw. Streitwagen, von Ochsen gezogen, mit Hussitinnen vervollständigten das interessante Bild. Den Mittelpunkt auf fast unbekleidetem Pferde bildete der Hussitenführer Koska, dargestellt durch Pr. Jacobsen, in seiner Begleitung der Maler Lessing, bekleidet mit rotem Wams, die Brust durch Harnisch geschützt, ein mächtiges Bärenfell hing ihnen von den Schultern herab. Die wilden Horden bewegten sich im buntesten Gewimmel durcheinander. Das Mittelalter schien alle seine Furien entfesselt zu haben. „Die Hussiten! Die Hussiten! So ertönte es aus tausend Kehlen, als die böhmischen Glaubensstreiter mit landesüblicher historischer Musik (Dudelsack, Violine, Tamburin usw.) durch das Mühlentor zogen, das als verkehrshindernd später abgerissen wurde. Man fragte sich unwillkürlich: „Traum oder Wirklichkeit?“ „Slava!“ „Zivio!“ erschütterten die Luft. Kaiser Friedrich, damals Kromprinz, ließ den Festzug zweimal an sich vorbeipassieren, so gut hatte das farbenreiche Schauspiel ihn befriedigt. — Durch solche Feier vaterländischer Gedenktage werden das Nationalbewußtsein und die Liebe zur Heimat wach und rege erhalten.
Der Vors, bemerkt noch: Der böhmische Reformator schrieb sich Hus, also muß man eigentlich Husiten sagen, indessen die Schreibweise Hussit (vgl. die Berliner Hussiten-Straße) scheint unausrottbar eingebürgert. Siehe m. Mitt. im Monatsheft I. S. 88.
XIV. Der Bahnhofsname Fürstenbrunn ist insofern bedroht, als Bewohner der neuen Ansiedlung Nonnendamm auf der nördlichen Seite der Lehrter Bahn den Antrag gestellt haben, den Bahnhof Nonnendamm zu nennen. Die Interessenten von Fürstenbrunn haben die Intervention der Brandenburgs im Sinne einer Beibehaltung des älteren Namens Bahn-
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