Heft 
(1911) 19
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24. (8. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

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Sieh es war so:

Auf Scharfenberg im Sommerglanz Las ich in unserm Ehepsalter,

Dem lieben Vogelweiden-Walther: Nemt, Frouwe, disen Kranz.

Und wie ichs las, ersah ich Dich Im Kidewanz mailobelich Die leichten Füße heben.

Ich aber als ein Ritter zier,

Bracht eine Blumenkrone, Dir Sie auf das Haupt zu geben.

Und sieh, Dein Haupt hast Du gesenkt, Ich hab die Krone Dir geschenkt.

Und Deine Hand genommen,

Dann schwangen wir uns Beide frei,

Im Hoppaldei und Troialdei,

Bis daß die Nacht gekommen.

Nicht wahr? aber sonderbar:

Der Traum von Scharfenberg ließ mich auch wach nicht frei,

Mir wars, als ob ich Dir aus ihm was schuldig sei,

Und immer wieder klang in mir wie Singetanz

Das schöne Walther-Wort: Nehmt, Frouwe, disen Kranz.

Und so hat sichs gefügt, daß ich psammen schloß,

Was mir in Deiner Hut aus meinem Garten sproß,

Manch Unkrautpillinzlein noch, da£ früher nie gedieh In wilder Blumenzucht, nimm auch in Hulden hin!

Geschrieben auf der Insel Scharfenberg im Tegeler See am 21. Juli 1894.

Und wie stellten sich die Tegeler und Scharfenberger zu dieser holden Frau, der die begeisterten Verse gewidmet sind? Die volkskundliche Forschung verlangt die Wahrheit, auch wenn sie befremdet. Man nannte die junge, allerdings etwas italienisch-fremdartig anmutende Frau:Die Tatersche,, oderDie schwarze Tatersche eigentlichTatarin, gemeint warZigeunerin. Noch heut glauben die Leute am Tegeler See, daß Frau Bierbaum eine Zigeunerin ist, und die Zigeunerinnen sind nun mal unserm Landvolk unheimlich, mehr gefürchtet, als gern gesehen. Wie vor 500 Jahren, heißen noch heut die Zigeuner im Volksmund bei uns Tater n.

XVIII. Hermann Knauer-Büste. Unserm verewigten Mitgliede ist von seinen Verehrern eine von der Meisterhand unseres Mitgliedes Prof. Johannes Böse gefertigte Marmorbüste im Vestibül des Neuen Schau­spielhauses am Nollendorfplatz gestiftet und am 20. d. M. enthüllt worden.