Heft 
(1911) 19
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26. (9. ordentliche) Versammlung; des XVIII. Vereinsjahres.

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Der zweite Vortrag des Abends, den Professor I)r. H. Klaatsch-Breslau über das ThemaAurignac-Rasse, und ihre Stellung im Stammbaum der .Menschheit hielt, war mit großer Spannung erwartet worden. Er hatte den Hörsaal des Museums bis auf den letzten Platz gefüllt und eine Anzahl Gäste von auswärts herbeigerufen, teils auf Grund des vielversprechenden Themas, teils durch die der Ankündigung beigefügten Wortemit Vorlage des Hauserschen Fundes. In Aussicht stand also, daß die Gegenstände des berühmt gewordenen Fundes, genauer der beiden Funde menschlicher Skelette, welche dem Schweizer Anthropologen Hauser im Diluvium des südwestlichen Frankreichs geglückt sind, gezeigt werden würden. Es ver­hielt sich in der Tat so: Dr. Hauser hatte beide Funde, die er an erster Stelle dem Museum für Völkerkunde zum Kauf anbietet, auszustellen ge­stattet. Die beiden Schädel lagen unter einem Glasbehälter auf dem Vor­standstisch; rechts von der Versammlung aus gesehen, der im Sommer 1908 in der Aurignacschicht von Oombe Oapell bei Montferrand, Perigord, ge­fundene, zu einem vollständigen Skelette gehörige Schädel; links der im September 1907 im Tal der Vezere, Nebenfluß derDordogne, der Mousterien- schicht entnommene Schädel, mithin der Schädel des Homo Aurignacensis Hauseri neben dem des Homo Mousteriensis Hauseri. Da die Geo­logen die ältere Mousterienschicht als an der Wende der vorletzten Eiszeit, in der ersten Hälfte der Waldphase der letzten Zwischen­zeit entstanden anselien, so befand sich also die Versammlung den Schädeln zweier Menschen gegenüber, deren Erdendasein etwa 120 000 bis 150 000 Jahre vor der Jetztzeit sich abgespielt haben mag, gewiß ein Anlaß zu Gefühlserregung, doch auch zur aufmerksamen Anhörung dessen, was nach den eingehenden Darlegungen von Professor Klaatsck der prüfende Verstand aus dem Vergleich der beiden Schädel gefolgert hat. Dieser Vortrag wurde von der Versammlung mit der größten Aufmerksamkeit an­gehört. Der Redner wiederholte zunächst, was die letzten Jahrzehnte, beginnend mit dem Neandertaler Funde an Skelettresten von Menschen der Diluvialzeit ans Licht gebracht haben, und wie es heute schon möglich ist, genaue Vergleiche anzustellen, namentlich an Stellen, wo sich, wie in der Höhle von Krapina, Kroatien, eine große Zahl von Skeletten gefunden hat. Diese letztere Stelle verglich der Redner mit einem Schlachtfelde. Wie es z. B. nicht schwer sein würde, aus Massengräbern der mandschurischen Schlachtfelder russische von japanischen Skeletten zu scheiden, so enthalten die 14 Krapina-Skelette, unter sichtbaren Anzeichen von hier geübtem Kannibalismus, Reste deutlich als verschiedenen Rassetypen ungehöriger Menschen, die sich wahrscheinlich feindlich gegenübergestanden haben werden. Der Ausgrabung des in der Aurignacschicht gefundenen Skeletts hat Professor Klaatsch, da er nach Verabredung gleich bei den ersten An­zeichen eines zu machenden Fundes durch Hauser telegraphisch herbei­gerufen war, von Anfang bis zu Ende beigewohnt. Jede einzelne Phase