Heft 
(1911) 19
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26. (9. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

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nicht, daß es neue Bahnen seien, auf die seine Forschungen die anthro­pologische Wissenschaft lenken, es sei damit erst ein Anfang der von der vergleichenden Anatomie ermöglichten speziellen Vergleiche verschiedener Menschentypen gemacht, die noch unendlihh vermehrt werden müßten, doch auch vermehrt werden würden auf Grund neuer Funde. Aber diese Ver­gleiche würden erst Licht auf die weitere Ausbildung und Entstehung der Typen werfen, deren Entwicklung in prähistorischer und historischer Zeit zu erklären, bisher so große Schwierigkeiten bereitet hätte. In der sich anschließenden Debatte erbat und erhielt Professor Kossinna noch einige Erläuterungen bezüglich der Bewertung der Zeiten der Diluvial-Schichten- bildungen, die einen so komplizierten Charakter angenommen haben. Professor Jäkel-Greifswald erklärte sich mit den gehörten Ansichten voll­ständig einverstanden, daß es, entgegen der bisherigen Anschauung, es habe in der Natur immer nur aufsteigende Entwicklungsreihen gegeben, auch eine absteigende Tendenz gebe und gegeben habe. Am Schluß dankte Professor von den Steinen dem Vortragenden, hervorhebend, daß er der Versammlung die ungeahnte Perspektive einer Vorgeschichte des Menschen­geschlechtes gezeigt habe. Es sei gewiß nicht zu erwarten, daß die ge­hörten Ansichten ohne Widerspruch bleiben würden, aber in jedem Fall würden sie mächtig anregend wirken. Direktor Professor Schuchardt schulde man Dank, daß er es möglich gemacht habe, die Originale der interessanten Schädel auf den Tisch des Hauses zu stellen.

Zu diesem Förstersehen Heferat bemerke ich, daß die beiden Gerippe, von denen ich hoffe, daß sie von der Brandenburgia im Laufe des Winters werden besichtigt werden, inzwischen, hauptsächlich durch die Opfer­willigkeit wissenschaftlicher Gönner um den Preis von 60 000 Mark für das K. Völkermuseum hierselbst angekauft worden sind. Der Preis mag hoch erscheinen, allein es handelte sich um die Erwerbung von primitiven Skeletten, die in ihrer Vollständigkeit und mit ihren Grabbeigaben viel­leicht ' noch lange Unica bleiben werden und da galt es eben schleunig zugreifen. Wir können der K. Museumsverwaltung für den hier bewiesenen umsichtigen Eifer nur sehr, sehr dankbar sein. Schließlich mache ich darauf aufmerksam, daß inzwischen in der Zeitschrift für Ethnologie, 42. Jahrgang, 191Ü. S. 517577 der Vortrag des Herrn Professors Pr. Hermann Xlaatsch (Universität Breslau) unter der Überschrift Die Aurignac-Rasse und ihre Stellung im Stammbaum der Menschheit mit vielen Abbildungen erschienen ist. Die ebenso gelehrte wie klare Abhandlung wird für lange Zeit die Grundlage der Untersuchungen des diluvialen Menschen bilden.

[Nachtrag. Ergänzt wird und verallgemeinert diese Untersuchung durch einen Vortrag des Herrn Geh.Med.-Rats Professor Dr. Gustav Fritsch in der April-Sitzung der Berliner Gesellschaft für Anthropologie pp. betitelt: Die Entwickelung und Verbreitung der Menschenrassen. Herr