Heft 
(1911) 19
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26. (9. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

Fritsch wendet sich u. a. auch gegen die seichte Theorie Ernst Heckeis vom Affenmenschen, an welcher der JenenserMonist noch immer, auch in seinem neusten Phyletischen Institut zu Jena, festzuhalten scheint.

Mit dem Urmenschen hängt bekanntlich auch die von mir in der Brandenburgia wiederholt erörterte Frage über Herkunft und Bedeutung der sogenannten Eolithe d. h. der ursprünglichsten Werkzeuge des ältesten Vormenschen zusammen. Ich habe immer betont, daß das Werk­zeug des Yormenschen der Eolith gewesen sein muß, den gewisse Affen­arten (z. B. Paviane) noch heut amvenden, daß aber nicht jeder Eolith als ein Urgerät angesprochen werden muß, daß sich die Eolithe vielmehr weil sie handlich und für mancherlei Arbeit gut tauglich sind, noch lange, ja z. T. bis heut in Übung erhalten haben. Ich habe beispielsweise auf meinem Amtszimmer im Berliner Hathaus einen Eolith d. h. einen natür­lichen Feuerstein mit natürlicher Aushöhlung zum Aufschlagen von Nüssen viele Jahre hindurch sehr zweckdienlich gebraucht, weil ich keinen Nuß­knacker zur Hand hatte. Bei Besprechung einer Mitteilung des Landes­geologen Dr. Paul Gustaf Krause: Über Quarzit-Eolithe im Löß­gebiet von Allrath in Rheinland (a. a. 0. S. 580591) äußerst sich der höchst verdienstvolle, ungewöhnlich sachkundige Konservator am hiesigen Völker-Museum Herr Eduard Krause S. 591 597 in Anlehnung an die Definitionen unsers Freundes und korresp. Mitglieds A. Rutot (Brüssel) zu meiner Freude genau in meinem Sinne.]

XVII. Die Desemer-Schnellwage, die auch in Berlin und unserer Provinz früher üblich war, besprach vor dem unter XVI erwähnten Thema u. M. Herr Stadtverordneter H. Soekeland. Er betitelte seinen anregenden Vortrag:Über die Entwickelung der sogenannten römischen

Schnellwage, die moderne Laufgewichtswage in ihrer einfachsten Form. Der Redner ist bekannt durch ähnliche, stets mit hoher Gründlichkeit betriebene historische Forschungen von kulturellem Wert aus dem Gebiet der Technik. Auch was er über die Geschichte derDeseiner-Wage ermittelt hatte, von der ein Exemplar z. B. bei den Ausgrabungen auf der Saal bürg gefunden worden ist, bewährte seinen Scharfblick für solche Untersuchungen. Merkwürdig genug ist es, daß die einarmige Hebelwage die ältere, die soviel übersichtlichere und einfachere gleicharmige Schalwage die jüngere Erfindung ist; daß im Mittelalter der von den Römern über­kommene Bronzestab mit Laufgewicht im fast ausschließlichen Gebrauch war, und erst die 1462 vom Nürnberger Rat erlassene Wägeordnung den Ausgangspunkt für den allgemeinen Gebrauch der gleicharmigen Schalwage und geeichter Gewichte bildete.

Ich behalte mir vor, in der Brandenburgia Desemerwage-Exemplare aus unserer Heimat vorzulegen und verweise auf Herrn H. Seekelands licht­vollen Spezialbericht mit vortrefflichen Abbildungen in der bei XVII. er­wähnten Zeitschrift S. 499 bis 513.