Heft 
(1911) 19
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7. (5. außerordentliche) Versammlung des XIX, Vereinsjahres.

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Wohlwollens des Landesherr» erfreut zu haben; denn verschiedentlich weilte er in ihren Mauern und erteilte ihr wichtige Privilegien, z. B. die Verlegung der Straße mit dem Zoll, die bis dahin über Seelow und Quilitz ging, nach Müncheberg, die Gewährung freien Bau- und Brennholzes für die Bewohner, den Verkauf der Hinterheide an die Stadt, die Verleihung eigener Gerichtsbarkeit, freie Kornschiffahrt auf der Oder usw.

Unruhige Zeiten waren es damals; denn öfters lesen wir, daß ge­fangene Adlige Urfehde schwören; aber auch die Müncheberger ziehen gelegentlich aus, um vermeintliches Unrecht zu rächen. So überfielen sie im Jahre 1516 Steinhöfel, weil sich der dortige Krüger Christian Friedrich irgendwie an der Stadt vergangen hatte. Vielleicht hatte er es gewagt, statt des Müncheberger Bieres einen anderen Stoff zu verzapfen, den er aus Rücksicht auf sich oder seine Gäste für bekömmlicher hielt. Genug, sie bemächtigten sich des Mannes mit Gewalt und führten ihn und seinen Sohn nach Müncheberg, wo sie den Vater aufhängten und den Sohn ein­kerkerten. Steinhöfel war aber bischöflich-lebusischer Besitz; Dietrich von Lebus nahm die Sache gebührend übel, und erst als der Kurfürst Joachim I. vermittelte, kam am Mittwoch nach Judika 1516 ein Vergleich des Inhalts zustande: Die Müncheberger nehmen den Leichnam in einer Nacht zwischen Mittwoch nach Judika und Montag vor Palmarum vom Galgen, begraben ihn an geweihter Stätte und halten ein Begängnis. Die beiden Bürgermeister leisten vor dem Bischof Dietrich in Fürstenwalde Abbitte und lassen den Krügersohn, nachdem er Urfehde geschworen, ziehen. Dem bischöflichen Dorfe Schönfelde aber gestatteten sie die

Hutweide in ihrer Heide bis an den Mühlenweg*). Übergehen wir das Zeitalter der Reformation und des dreißigjährigen Krieges; denn wenig Erfreuliches ist da zu berichten. Nachdem schon vorher die Pest ein Drittel der Bevölkerung hinweggerafft hatte, tat der Krieg das Übrige, und die Lage der Stadt an der großen Heerstraße war wohl der Grund, daß sie öfter als andere ausgeplündert wurde, und verschaffte ihr den fragwürdigen Vorzug, nach einander die großen Feldherren dieses Krieges in ihren Mauern zu beherbergen; so hat z. B. Wallenstein hier zweimal übernachtet. Nur langsam erholte sich die Stadt von ihren Leiden, und noch im Jahre 1723 gab es hier 34 wüste Hausstellen. Die Landesherren suchten die Stadt nach Kräften zu unterstützen; so siedelte Kurfürst Friedrich III. im Jahre 1700 mehr als 100 französische Flüchtlinge hier an; es entstand eine französische Kolonie mit einer eigenen Kirche und mit eigenem Gericht. Sie hat 106 Jahre bestanden, und noch heute erinnern die Namen der Französischen und der Wollweber-Straße daran; denn die französischen Kolonisten beschäftigten sich hauptsächlich mit der Wollenweberei. Die

*) Die bildliche Darstellung des Vorgangs der Abbitte befindet sich in der Kirche; sie wurde jedoch bei einer Renovierung übertüncht. Eine Skizze des Bildes besitzt das Museum in Müncheberg. Monke.