Heft 
(1911) 19
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7. (5. außerordentliche) Versammlung des XIX. Vereinsjahres.

ihnen gewährte Abgabenfreiheit mag wohl der Grund für die häufigen Reibereien mit den Eingeborenen gewesen sein. Aber auch unter einander waren sie wenig verträglich, und die dickleibigen Ratsprotokolle des 18. Jahrhunderts erzählen uns von endlosen Prozessen und Injurienklagen der französischen Kolonisten. Während die einheimische Bevölkerung hauptsächlich Ackerbau trieb, waren die Franzosen meist Wollspinner. Sie fabrizierten das Etamin oder waren Strumpfwirker; als später die leichteren Baumwollenstoffe das Etamin verdrängten, versuchten sie es auf Königl. Befehl mit dem Seidenbau und legten vor den Toren der Stadt große Maulbeerplantagen an. Der Richter de Oolom hatte im Frühjahr 1751 allein 3000 junge Bäumchen eingepflanzt. Als aber die Stadt durch den siebenjährigen Krieg stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, ging unter dem Einfluß des schon an und für sich rauhen Klimas die neue Industrie wieder ein, und mit ihr verfiel auch die einst blühende Kolonie. Im Jahre 1804 wurde sie aufgehoben, da sie außer dem Geist­lichen nur noch ein Mitglied zählte; die französische Kirche, ein schlichter Fachwerkbau ohne Turm, wurde der kleinen deutsch reformierten Gemeinde überwiesen. In der Napoleonischen Zeit diente sie wie auch die lutherische Pfarrkirche als französisches Kriegsmagazin, wurde aber schon Ende 1807 wieder geräumt, da sie nicht sicher genug war, und mit Genehmigung der französischen Stadtkommandanten von beiden Gemeinden wieder zu gottesdienstlichen Zwecken benutzt. Nach Einführung der Union wurde sie 1826 für -339 Thlr. auf Abbruch verkauft. Sie stand unmittelbar neben dem Berliner Tor innerhalb der Stadtmauer auf derselben Stelle, wo vorher das Heilige Geist-Hospital sich befunden hatte.

Von 17131806 hatte Müncheberg eine Garnison. Bis zu den Schlesischen Kriegen standen hier nacheinander je eine Kompagnie der Regimenter von Kameke und von Gersdorf. Nach dem 1. Schlesischen Kriege rückte ein ganzes Bataillon des von Recheschen Regiments, be­stehend aus 5 Kompagnien, 600 Mann stark, als Garnison ein. Sie wurden 1763 durch 3 Kompagnien des neu formierten Eeldartillerie-Korps abgelöst; 1786 rückten 2 Komp, des Fußjäger-Korps und ein Kommando Zieten- husaren an ihre Stelle. Diese hatten die aus Preußen eintreffenden Rekruten nach Berlin zu begleiten.

Die ganze Art des Heeresdienstes im 18. Jahrhundert brachte die Soldaten in ein viel näheres Verhältnis zu den Bürgern als heute. Schon das Wohnen in Bürgerquartieren und der Umstand, daß" viele Soldaten verheiratet waren, trugen dazu bei. Die Innungen nahmen oft die schon verheirateten Soldaten als Lehrlinge an und sprachen sie auch nicht selten los. Oft heirateten die Soldaten in Bürgerfamilien hinein und ließen sich dann dauernd nieder. Die Garnison legte dem armen Ackerstädtchen aber auch schwere Lasten auf, und wenn man bedenkt, daß in den Kriegszeiten die alte Landmiliz des 17. Jahrhunderts wieder in Aktion trat, d. h. die