9. (7. außerordentliche) Versammlung- des XIX. Vereinsjahres.
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Vor dem Platz biegt die Balinhofstraße links ab und heißt nun die Dunckerstraße. Sie ist die Hauptstraße der sogenannten Neustadt. Hier befindet sich die größte industrielle Anlage der Stadt, die Fabrik optischer Instrumente von Nitsche und Günther, in der z. B. die Gläser für die Leuchttünne hergestellt werden. Die Dunckerstraße heißt weiterhin Berlinerstraße und weitet sich in der Mitte zu einem kleinen Platz, dem Zietenplatz, mit dem Denkmal des Generals von Rosenberg, des berühmten Herrenreiters und Organisators der Kavallerie. An der einen Seite des Platzes steht das Postamt. Dieser Platz war einst von Friedrich dem Großen dazu ausersehen worden, die Garnisonkirche zu erhalten, doch der Bau unterblieb.
Weiterhin findet sich in der Straße ein Haus, das mit zwei Gedenktafeln geziert ist, von denen die eine an den Prediger J. H. A. Duncker, den Schöpfer der optischen Industrie, und die andere an seinen Nachfolger, den Kommerzienrat Busch erinnert. Am Ende der Straße vor dem Paradeplatz steht das alte Offizierkasino und das neustädtische Rathaus. Das erstere wird in der nächsten Zeit aufgegeben werden, weil in der Nähe der Kaserne ein neues errichtet worden ist, und dann geht das alte Gebäude in städtischen Besitz über und wird dem Rathaus angegliedert werden, wodurch auch Räume für das Museum geschaffen werden sollen.
Auf dem Paradeplatz steht das Denkmal des Großen Kurfürsten. Es ist von Glume, einem Schüler Schlüters, ausgeführt und stellt den Herrscher in antiker Kleidung dar. Am BMße des Sockels winden sich vier gefesselte Gefangene, ähnlich den Gestalten am Fuße des Berliner Denkmals. An dem Postament selbst sind vier Reliefs angebracht, mit Schlachtenbildern aus dem Leben des großen Fürsten (Schlachten bei Warschau und Fehrbellin und Einnahme von Stralsund und Rathenow). Das Denkmal wurde 1738 von der kurmärkischen Ritterschaft und den Ständen gestiftet und ist das erste, das durch eine öffentliche Initiative zu Stande gekommen ist, Vom Paradeplatz blickt man nach Süden auf den Schulplatz mit dem Kriegerdenkmal.
Der Paradeplatz stößt an den alten Stadtgraben, der jetzt Schleusengraben heißt und die Neustadt von der Altstadt trennt, Vom Südufer aus hat man einen sehr schönen Blick auf die Altstadt. Der Kirehberg ragt hoch empor und vor dem hohen Bau der Kirche liegen die Häuser und Häuschen auf der Böschung. Es ist ein sehr hübscher Anblick, der auch durch einen aufgeführten Neubau mit mehreren Stockwerken nicht gelitten hat. Weiter nach rückwärts bietet sich ein hübscher Blick auf einen Winkel der Stadt mit Vorland, Giebeln, Dächern, Schornsteinen und Fenstern.
Hier liegt nun der Weinberg, der an seinem Nordabhang als Kirchhof dient, und ein Treppenweg führt auf der Böschung in die Höhe. Der Kirchhof ist schon sehr alt, und besitzt daher einen Reichtum von hohen
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