Heft 
(1911) 19
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10. (8. außeroidentliche) Versammlung des X.IX. Vereinsjahres.

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West nach Ost und eine schöne Promenade führt um den ganzen See herum. Das Kloster liegt auf einer kurzen Landzunge, die sich in den See hinein erstreckt. Auf dem schmalen Landstreifen zwischen Gudelack-See und Wutz-See liegt das Städtchen Lindow.

Vor der .Ruine nahm Herr Bürgermeister Manger das Wort zur Er­läuterung. Es sind nur die beiden Giebel, ein nördlieher und ein südlicher erhalten. Der Südgiebel besitzt einige große Öffnungen, und wahrscheinlich war die eine, ziemlich auf der Hälfte des Giebels befindliche, eine Tür, die auf eine Brücke führte, welche von dem Hauptgebäude hinüber reichte zu dem Nebengebäude, in dem jetzt der Kastelan wohnt. Die Ruine ist wahrscheinlich das Wohngebäude für die Nonnen gewesen und wird im Oberstock das Refektorium beherbergt haben. Jedenfalls ist sie nicht als Kirche anzusehen, weil es von Ost nach West gerichtet ist. Neben der Ruine stehen noch einige schlichte Wohnhäuser, in denen sechs Stifts­damen unter einer Domina residieren. An die Häuser mit dem Garten schließt sich der Klosterfriedhof, der mit alten Linden bewachsen ist, und in dem sich schon eine stattliche Zahl von Grabstätten befinden, wenn auch noch Raum genug vorhanden ist. Hier steht auch ein Schuppen mit einer Kutsche, welche die Königin Luise den Stiftsdamen im Jahre 1803 schenkte. Von dem Garten hat man einen prächtigen Blick auf dem Spiegel des Wutz-Sees und seine bewaldeten Ufer. Eine schöne Promenade führt zur Stadt zurück und endet an der Hinterfront des Rathauses, so daß man durch einen Torweg hindurch auf die Straße der Stadt kommt.

Das Rathaus ist ein schlichter Bau bestehend aus einem Erdgeschoß und einem Oberstock; während in dem ersteren der Bürgermeister residiert, waltet in dem letzteren der Amtsrichter.

Die Breite Straße entlang führt der Weg zur Kirche. In der Straße sind einige Häuser aus dem 18. Jahrhundert bei dem großen Brande im Jahre 1746 übrig geblieben. Bei diesem Brande ging auch die Kirche in Flammen auf und wurde daher neu aufgeführt und im Jahre 1755 einge- weibt. Es ist eine kleine Kirche mit doppelter Empore. Der Turm steht auf der Ostseite, wahrscheinlich deshalb, weil der Baugrund auf der Westseite zu unsicher ist.

In dem großen Saale von Seegers Hotel fand sich die Gesellschaft um 12 Uhr wieder zusammen und hier hielt Herr Bürgermeister Manger einen Vortrag über die Vergangenheit von Stadt und Kloster Lindow. Mit Albrecht dem Bären war ein Ritter Walter von Arnstein ins Land ge­kommen und wurde der Stammvater der Grafen von Ruppin, denn sein Sohn erwarb diese Landschaft als Hochzeitsgut. Die Grafen riesidierten nicht in Lindow, sondern in Alt-Ruppin, und unter Gebhard von Arnstein wurde das Kloster begründet als Aufenthaltsort für die unversorgten Töchter seines Hauses. Es wurde im Laufe der Zeiten durch Schenkungen sehr begütert, und es konnte 26 Nonnen aufnehmen. Mit der Einführung der