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10. (8. außerordentliche) Versammlung den XIX. Vereinsjahres.
Reformation wurden die Güter eingezogen, und es blieb nur ein Unterhalt übrig für sechs Damen unter einer Domina. Im Jahre 1638 wurde das Kloster von den Kaiserlichen unter Gallas zerstört und ist seitdem eine Ruine. Die Stadt Lindow gehörte ehemals dem Kloster, und an der Straße nach Gransee steht noch eine Kapelle aus der katholischen Zeit. Die Stadt ist häufig von großen Bränden heimgesucht worden, wodurch auch die Akten vernichtet wurden. Einem solchen großen Feuer im Jahre 1803 fiel auch das alte Rathaus zum Opfer, das auf dem Markt gestanden hatte, wo heute die Friedenseiche zur Erinnerung an die Freiheitskriege steht. Im Jahre 1676 wurde hier ein Waisenhaus errichtet, das nach einer Erweiterung im Jahre 1712 vierundzwanzig Jungen aufnehmen konnte. Es gehörten 600 Morgen Land dazu, doch wurde es ein Jahr darauf aufgelöst. Nach dem 7jährigen Kriege war Lindow auch eine zeitlang Garnison und später lag hier eine Invalidenkompagnie. In dem Gudelack-See liegt eine Insel von 150 Morgen Grösse, auf der sich jetzt eine Ziegelei befindet. Sie war in kriegerischen Zeiten der Zufluchtsort für die Bewohner des Städtchens. Doch waren im dreizigjälnigen Kriege die Feinde auf Biertonnen hinübergeschwommen und hatten sich der Kähne bemächtigt. Eine Sage berichtet von einer Nonne des Klosters. Sie hatte immer ein sehr zurückhaltendes Wesen zur Schau getragen, als ob durch schweres Unrecht ihr Gewissen belastet sei. Und als nun ein heftiges Unwetter mehrere Tage hindurch tobte, ging sie aus dem Kloster hinaus mit den Worten, daß sie die Ursache für dieses Unglück sei und wurde vom Blitz erschlagen, worauf das Unwetter sofort nachließ. Der Vortrag wurde von der Versammlung mit reichem Beifall belohnt, und auch der I. Vorsitzende, Herr Geheimrat Friedei, sprach dem Redner den Dank der Gesellschaft aus.
Hierauf begab sich die Gesellschaft zu Tisch. Während der Tafel dankte Herr Geheimrat Friedei Herrn Bürgermeister Manger und Herrn Amtsrichter Jakobick für die freundliche Führung und beendete seinen Toast mit einem Hoch auf Lindow, in das die Versammlung begeistert einstimmte. Herr Dr. Assmann brachte einen Toast auf die Damen aus.
Nach dem Mittagessen wurde der Dampfer bestiegen, der schon an der Landungsstelle bereit lag. Der Dampfer fuhr nun über den Gudelack See, durch den Rhin-Kanal und den Möllen-See wieder in eine Fortsetzung des Rhin Kanales hinein zum Zermiitzel-See. Dies war der nördlichste Punkt der Fahrt. Es ging nun weiter durch den Netz See, den Mocliower See, die Schleuse von Alt-Ruppin, durch Alt-Ruppin hindurch bis zum Ruppiner See und zur Anlegestelle bei der Stadt. Leider wurde das Wetter immer ungünstiger, nachdem es zuerst nur langsam gesprüht hatte, setzte der Regen allmählich immer heftiger ein, sodaß ein großer Teil der Passagiere die Kabine aufsuchte. So war nun leider von der schönen Fahrt durch Wiese und Wald und durch das schmucke Alt-Ruppin hindurch nicht zu viel zu sehen.