Heft 
(1911) 19
Seite
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Friedrich Wienecke.

und gerundet, alter unten offen «; daraus entstanden b, g, v, d usw. Drei Striche, oben verbunden hießen m, die beiden ersten oben, die beiden letzten unten verbunden u>. s und ß mußten den Kindern unvermittelt eingeprägt werden. Wie gesagt, nahm Hahn auch die Phantasie des Kindes in Anspruch. Durch Erzählungen, Fragen usw. machte er es auf den neu zu erlernenden Buchstaben aufmerksam, erweckte sein Interesse und bot dann das erwartete Neue. Durch diese Art der Behandlung wollte er dem Kinde den Buchstabengleichsam als Person zeigen und das Abstrakte mit dem Konkreten verbinden. Es wird Hahn stets nachgerühmt, daß er eine ausgezeichnete Gabe besessen habe, mit kleinen Kindern zu plaudern, und sie durch Prägen und Einwürfe zum Gegenstände geführt habe, und es läßt sich wohl denken, daß er auf diesem Wege schneller fortgeschritten und eher zum Ziele gelangt ist. Auch den Rechenunterricht suchte Hähn praktischer zu gestalten. Nach der damals üblichen Weise rechnete der Lehrer mit jedem Kinde einzeln. Er bildete Gruppen und rechnete mit jeder an der Tafel. Die Grundlage des Rechnens war ihm das Zählen. Die Kinder mußten auf- und abwärts mit Überschreiten der Zehner und der Hunderte zählen, und, nachdem sie hierin Sicherheit erlangt hatten, ging er zu den einzelnen Rechenoperationen über. Stets hielt er auf gute Disziplin, und, um sie erfolgreich durchzuführen, beobachtete er, wenn er mit einer Gruppe an der Tafel beschäftigt war, die ihm im Rücken sitzenden Kinder durch ein Hohlglas, das er unbemerkt in der Hand hielt, und das ihm stets ein Bild von ihrem Tun bot.

In Jena kam auch Hähn auf seine später so viel geschmähte Literal­methode. Er berichtet in seiner 1777 erschienenen SchriftAusführliche Abhandlung der Literalmethode:

Als ich auf der Universität Jena in den Jahren 173336 bei dem berühmten Professor Hamberger teils Algebram teil Mathesin hörte, so gewöhnte ich mir nicht nur an, mit den Buchstaben a b c und x y z bekannte und unbekannte Größen auszudrücken, sondern auch andere Sachen, welche keine Größen waren, teils mit einzelnen Silben, teils mit einzelnen Buchstaben sowohl zumGeschwindeschreiben, als auch zu andern mannigfaltigem Gebrauch zu bemerken. Kurz ich geriet auf das bekannte Abrevieren im Schreiben.

Er berichtet weiter, daß er dieses verkürzte Schreiben später als Scholastikus im Kloster Berge bei seinen Vorbereitungen zum Unterricht benutzt und auch seinen Schülern mitgeteilt habe. Hähn nannte ursprünglich dies VerfahrenBuchstabenmethode; der NameLiteral- oderTabellar­methode stammt aus späterer Zeit, wohl erst aus der Zeit, da Felbiger sie sich zu eigen machte.