Heft 
(1911) 19
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Zwei Berliner Schulmänner im achtzehnten Jahrhundert.

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hatten die Seminaristen eine Wiederholungsstunde. Drei oder vier von ihnen traten zusammen, wiederholten die Tabellen, übten sie in und außer der Reihe, trugen sie in Buchstaben und dann mit Worten in das Merkbuch ein. Auch die Kathechesen wurden zunächst so behandelt, dann aber in der Klosterschule, welche die Kinder der Dienerschaft besuchten, praktisch erprobt. Später besuchte Hähn mit den Seminaristen die von dem Abt Steinmetz gegründete und unterhaltene Armenschule in der Stadt Magdeburg, die ein älterer Seminarist bezw. Lehrer ver­waltete, hielt hier Musterkatachesen und ließ sie von den Zöglingen wiederholen.

Wenn Hähn seine Beschreibung des Seminars mit der Bemerkung schließt:Man wird hoffentlich aus diesem Wenigen erkennen, daß die Seminaristen viele und gute Gelegenheit gehabt haben, sich im Lehren zu üben, so wird man ihm beistimmen müssen. Denn aus dem Geist der damaligen Zeit beurteilt, muß man zugeben, daß durch ihn die Lehrer­bildung außerordentlich gefördert worden ist.

Dieses Lob gebührt ihm auch als Inspektor der Schulen in den Klosterdörfern. Was Hähn hier fand, war über die Maßen traurig. Die Lehrer wußten nicht mehr, als die Schüler wissen sollten. Er rief sie zusammen, hielt mit ihnen Konferenzen ab und vermittelte ihnen zunächst, so gut es ging, die nötigsten praktischen Handgriffe des Unterrichts. Dann aber versuchte er, sie wie die Seminaristen wissenschaftlich und methodisch weiter zu bilden. Das Ergebnis dieser Konferenzen warNeu ein­gerichtetes Abc, Buchstabier- und Lesebüchlein, nach welchem das Lesen auch der zartesten Jugend bald, leicht und gründlich kann beigebracht werden. Nebst dem kleinen Katechismo Lutheri zum ordentlichen und leichten Katechisieren in Frag und Antwort zerteilet. Zum Gebrauch in Dorfschulen. In Jauer druckts und verlegts Heinrich Cristoph Müller. Kloster Berge 15. Augusti 1743.)

In dem Vorbericht gibt Hähn einige Regeln zum Lesenlernen: 1. Man fängt von dem Leichtesten an und gehet auf das Schwerere fort. (Punkt, Strich, Verbindung beider etc.) 2. Man prägt die Buchstaben dem Gedächtnis ein. 3. Lernt laute und stumme Buchstaben keimen.

4. Durch Vorsagen bringt man die Silben bei (ba, bi, bo, bu etc.).

5. Katechisiert den Buchstaben 68 bis lOmal durch. Es wird die Reihenfolge der Buchstaben, wie einer aus dem andern hervorgeht, gegeben: i j r x c e 1 t k s ss f ff, n u a ö ä d b p v q g, m w, s, z, ß. Dann folgt das kleine und große Abc, einfache und doppelte Laute, laute und stumme Buchstaben, deutsche und römische Ziffern und Interpunktionszeichen.

') Das Büchlein ist jetzt sehr selten geworden; ich habe obigen Nachdruck auf dem Fürstenstein in Schlesien in der Fürstlich Pleßschen Bibliothek gefunden. :