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Friedrich Wienecke.
„Ich vernehme mit Zuverlässigkeit, jedoch zu meinem Befremden, daß die sonst im ziemlichen Flor gestandene Schule zu Kloster Berge bei Magdeburg unter der Aufsicht des jetzigen Abtes in sehr grossen Verfall geraten ist, und ich habe Ursache zu vermuten, daß dieser ein sein - schlechter Schulmann sein und dergleichen Anstalten mit Nutzen vorzustehen nicht Fähigkeit genug besitzen muß. Nun wißt Ihr aus Erfahrung, wie sehr Mir die Aufrechterhaltung und Verbesserung der Schulen, in weichen junge Leute insbesondere zu Meinem und des Vaterlandes Dienst gebildet werden sollen, am Herzen liegt, und wie unangenehm es Mir daher sein müsse, wenn dergleichen große und unter vorigem Abt Steinmetz so blühende Schule in so große Abnahme kommen will. Um deren anderweitem Verfall dennoch zuvorkommen, weiß Ich kein anderes Mittel, als Euch hiermit aufzugeben, den damaligen Abt auf eine gute Art mit einer andern Stelle zu versorgen und dagegen die Direktion dieser Schule einem andern Manne von Wissenschaften und Genie aufzutragen, unter welchem dieselbe eben den Iiuf und Glanz wieder erhalte, in welchem selbige unter dem verstorbenen Abt Steinmetz gestanden hat.“
Münchhausen erhielt 5. Februar 1770 Befehl, Hahn durch ein anderes Amt zu versorgen; dieser berichtete, daß kein anderes Amt augenblicklich vorhanden sei, daß aber die Stelle eines Generalsuperintendenten für Ostfriesland bald zur Erledigung kommen müsse, da der Inhaber Lindhammer bereits über 80 Jahre sei. Der König befahl am 10. Juni 1770, nachdem er auf der Revue bei Magdeburg wieder Ungünstiges über den verhaßten Abt gehört hatte: „Er soll einen andern setzen, der dem Pietismo nicht ergeben ist, sonst aber die Jugend zur Tugend und zu nützlichen Gliedern des Staates ohne Kopfhängerei zu bilden fähig ist!“ Als Münchhausen wieder ausweichend antwortete, schrieb er an den Rand: „Der Abt Taugt nichts. Man Mus einen Anderen an seine Stelle setzen. Kein Mensch will jetzo seine Kinder dahin Schicken, weil der Kerel ein pietischer Narr ist!“ Am 13. September fragte der König wieder an und befahl die Suspendierung, die Münchhausen am 14. dem Magdeburger Konsistorium übersandte. Dem Befehl wurde entsprochen und dem Hähn die Verwaltung des Klosters entzogen. Da plötzlich am 15. Januar 1771 erschien ein neuer Befehl an Hähn, binnen 24 Stunden das Kloster zu verlassen, und am 16. in der Frühe fuhr er in aller Stille nach Magdeburg, wo er im Hause seines Freundes, des Advokaten Seelmann, Aufnahme fand und diesen veranlaßte, für ihn sein Recht zu erstreiten. 1 ) Im folgenden Jahre wurde Hähn zum Geueralsuperintendenten von Ostfriesland und zum Ephorus des Gymnasiums in Aurich ernannt, Hier hat er sich hauptsächlich mit der Wiederauflage seiner Schriften beschäftigt. 1777 erschien „Aus-
') S. Konrad Philipp Henke. Archiv der neusten Kirchengeschichte. Weimar 1796. II. Bd. S. 156 ff.