Heft 
(1911) 19
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Zwei Berliner Schulmänner im achtzehnten Jahrhundert.

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fiihrliche Abhandlung von der Literalmethode, die über Entstehung, Wesen und Wert des eigenartigen Lehrverfahrens Aufschluß gibt. Selbstgefällig erzählt Hähn, wie diese Methode im Auslande z. B. in Österreich und Schlesien durch Felbiger, in England, und in den englischen Kolonien Anhänger gefunden und welche Erfolge er durch sie auch noch in Aurich erreicht habe. Es sind Rückerinnerungen eines Greises an die mit Erfolg gekrönte Mannesarbeit.

Hochbetagt, verschmäht und vergessen starb Hähn am 4. Juni 1789 zu Aurich.

Das Bild, das uns Zeitgenossen von Hähn zeichnen, ist kein schönes. Seine Person hatte etwas Abstoßendes. Er war klein und unansehnlich, hatte schwarzes Haar, sehr dunkle Gesichtsfarbe und schwarze stechende Augen. Im Verkehr war er kalt, abweisend und zurückhaltend. Bei jeder Gelegenheit trug er übertriebene Frömmigkeit zur Schau. Diese Eigenschaften waren auch wohl der Grund des Hasses, mit dem ihm der König begegnete. Durch Eigensinn, Geiz, Rechthaberei und Stolz verfeindete er sich mit seinen Untergebenen, und diese üblen Gewohnheiten führten schließlich seinen Sturz herbei.

Freunde und Feinde rühmen sein umfangreiches Wissen namentlich auf realistischem Gebiete, seine vorzüglichen Lehrgaben und sein Organ i- sations- und Verwaltungstalent.

Seine Literalmethode hat ihn nicht überlebt; sie ist vor ihm zu Grabe gegangen. Wohl aber haben die von ihm verfaßten Schulbücher eine weite Verbreitung gefunden und sich fast fünf Jahrzehnte in den Schulen behauptet. Sein Hanptverdienst ist, daß er der Lehrerbildung praktisch neue Wege gewiesen hat.

2. Johann Friedrich Michaelis.

Der Name Michaelis ist mit der Berliner Kirchen- und Schulgeschichte eng verbunden. Eine Reihe von Trägern dieses Namens haben im Berliner Kirchen- und Schuldienst gestanden, und unter ihnen ist der obengenannte der bedeutendste.

Johann Friedrich Michaelis wurde am 25. November 1762 zu Berlin geboren. Sein Vater war Parochialschullehrer auf der Friedrichstadt und leitete eine von jenen Parochialschulen, die der König Friedrich Wilhelm 1. durch Kabinettsorder vom 5. Dezember 1733 gegründet hatte. Michaodis besuchte zunächst die Schule seines Vaters und trat dann in die große deutsche Schule ein, die mit der Realschule organisch verbunden war. Die eigenartige Organisation der Heckerschen Anstalt ermöglichte es ihm, auch an dem Unterricht im Rechnen, Deutschen und in der Geschichte in der Realschule teilzunehmen und sich so eine gute Bildung zu erwerben.