Heft 
(1911) 19
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Zwei Berliner Schulmänner im achtzehnten Jahrhundert.

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unterrichteten. Der Nachmittag bis zum Unterricht diente der Anfertigung der häuslichen Arbeiten. Monatlich mußten sie ein Thema aus dem Unterrichtsgebiet bearbeiten und dem Direktor einreichen; letzterer hielt mit ihnen alle Vierteljahr ein Privatexamen ab.

Der Unterricht war frei; zur Deckung der notwendigsten Kosten hatte jeder Seminarist bei seiner Aufnahme 1 TI. zu entrichten.

Das Seminar hat 25 Jahre bestanden, und eine Reihe von tüchtigen Schulmännern ist aus ihm hervorgegangen. Unter ihnen sind einige, deren Namen sprichwörtlich geworden sind: Fr. Willi. Ludwig Pfeiffer (Leiter der jetzigen 5. Gern. Schule), von dem man sagt:Nun, du bist auch wohl nicht bei Pfeiffern in die Schule gegangen! Bellert, ehemals Leiter der Schule des 3. Artillerie-Regiments, wegen seiner Rechenhefte der Rechen-Bellert genannt. Blenz (Lehrer der Schule des Arnimschen Regiments Nr. 13), der Verfasser des Berliner Spruchbuchs, Breter, der Kantor der 1849 aufgelösten Garnisonschule, ferner Lohsee, Mahling, Brandt u. a.

Gedenken müssen wir auch der gemeinnützigen Tätigkeit, die Michaelis entfaltet hat. In der Luisenstadt besaß er bei den Bürgern ein unbegrenztes Vertrauen, und es hat wohl damals dort wenige Bürger gegeben, die sich nicht von ihm in Fällen der Not Rat geholt hätten.

Mit Recht weist seine Gemahlin in dem Gesuch, die Mädchenabteilung der Schule ihres Mannes als besondere Mädchenschule fortzuführen zu dürfen, auf die gemeinnützige Tätigkeit ihres Mannes hin, der in den Tagen der Not vieles der Allgemeinheit geopfert habe. Nirgends zeigt sich die Größe des Menschen besser als im Unglück. Das trifft auch bei .Michaelis zu. Bei dem Einrücken der Franzosen 1806 in Berlin war auch die Köllnische Vorstadt stark bequartiert worden. Da die staatlichen Behörden, die damals auch die Stadt leiteten, versagten, so war es äußerst schwierig, die Einquartierung geregelt durchzuführen. Klagen auf Klagen häuften sich von seiten der Bewohner, und oft kam es mit den Franzosen zu Unzuträglichkeiten schlimmster Art. Es wurde ein Einquartierungs­bureau gebildet, das die Lasten gerecht verteilen, Rat erteilen und die vorkommenden Streitigkeiten schlichten sollte. Diesem Bureau gehörte auch Michaelis an, der bei seinen Mitbürgern im hohen Ansehen stand, und der vermöge seiner Kenntnis der französischen Sprache das Amt eines Dolmetschers und Vermittlers übernehmen konnte. Aber dieses freiwillig übernommene Amt brachte ihm nicht nur sachliche Schwierigkeiten, nein es erfuhr eine Ausdeutung gemeinster Art: des Verrats am Vaterland. In dem Stadtteil hielt sichdimittierter Leutnant von Gloeden auf, der in dem unglücklichen Kriege ein Trainkolonne geführt hatte, von den Franzosen überfallen und beraubt worden war. Dieser eröffnete eine Privatschule und versprach den Eltern mit hochtönenden Worten alles, was sie wünschten. Die Verordnung, daß jede öffentliche Schule von den städtischen