Heft 
(1911) 19
Seite
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Fragekasten.

Die Nachtwachtposten der Berliner Polizei haben diese alte Sitte über­nommen, aber mißbräuchlich statt derKnarre eineS chnarre eingeführt. Um die liebe Weihnachtszeit knarrt das junge Berlin noch heutigentags die Wiedergeburt der neuen Sonne, des Heliands, in unser Gedächtnis, daß wir nicht die heilige Nacht, wo sich dieses Wunder vollzieht, verschlafen sollen. Daher auch die Berliner Weihnachtsknarre bei unserer Jugend beliebt und in hohen Ehren steht. Gott erhalts! K. Wilke.

M. M. Hausfassaden mit Mosaikpflaster. Es war ungefiihr in der Zeit von 1840 bis 1860 hie und da in Berlin gebräuchlich, die Fassaden mit einem Mosaikpflaster zu versehen ganz ähnlich dem Chausseepflaster, welches wir heut noch sehr häufig neben den Bürgersteig-Granitplatten verwendet finden. Nur nahm man dazu mehr gleichgroße Steine aus ein und demselben Material, im übrigen, wie gesagt, den kleinen Trottoirpflastersteinen durch­aus gleich. Diese Bekleidung war viel hübscher und dauerhafter als der Abputz mit seinem vergänglichen Wasserfarben- oder Ölfarben-Anstrich. Dieses grobe Mosaikpflaster ersetzte gewissermaßen die Fassaden aus Werk­stein, welche viel zu teuer für die damaligen Berliner waren. Diese Ver­blendung der Fassaden mit Trottoirsteinchen war aber niemals allgemein, d. h. man sah nirgends in ganzen Straßen die Fassaden derartig ausgestattet. Als der Rohziegelbau aufkam, verdrängte er jenen Geschmack vollständig, auch sind wohl infolge der' bekannten Neuerungssucht und der baulichen Umwälzungen die meisten dieser Häuser mit Mosaikpflastersteinfassade ver­schwunden. Ich kenne nur noch ein derartig ausgestattetes Haus, Doroth een- straße 62, worin ich fast 10 Jahre in den fünfziger und sechziger Jahren v. Jahrh. gewohnt. Die sehr dauerhaft angelegte Fassade ist noch, wie ich vor ein paar Tagen gesehen, unverändert und tadellos erhalten. Unsere Leser werden gebeten auf andere ihnen bekannte Fälle aufmerksam zu machen. E. Fr.

_ M. V. Der Weidendamm in Berlin. Von dem Ihrerseits gemeinten Spottlied kenne ich nur die nicht gerade höflichen Reime:

Ochse, Esel, Osterlamm!

Siehst Du nicht den Weidendamm?

Y ^ So habe ich sie als Kind, wo ich in dem zum Bahnhof Friedrichstraße verwendeten Hause des Stadtverordneten Zimmermeister Otto, Friedrich­straße 141b vierzehn Jahre, in der Nähe des Weidendamms, wohnte, un­gezählte Male gehört. Was der bestimmte Sinn dieser sicherlich in die Jugendzeit des einst grundlosen ungepflasterten Weidendammes zurück­reichenden Reimerei ist, weiß ich nicht. Vielleicht mußten die Kutscher sich an der Ecke der Friedrichstraße und des Weidendammes wegen dessen schlechter Beschaffenheit besonders vorsehen. Ich weiß auch nicht, ob jene Verse nur ein Teil einer größern Strophe oder eines Liedes sind. Vielleicht helfen uns unsere Leser auf die richtige Spur. E. Fr.

Für die Redaktion: Dr. Eduard Zache, Ciistriner Platz 9. Die Einsender haben den sachlichen Inhalt ihrer Mitteilungen zu vertreten.

Druck von P. Stankicwicz Buchdruckerei, Berlin, Bernburgerstr. 14.