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11. (3. ordentliche) Versammlung des XIX. Vereinsjahres.
allenfalls die Pferdeköpfe an den Griffenden der Bronzemesser. Die Geschicklichkeit der Bronzezeitleute in der Herstellung von Skulpturen war gewiß nicht groß. Um so merkwürdiger und bedeutsamer ist darum ein Fund, der erst in den letzten Tagen in unmittelbarster Nähe einer Herdstelle gehoben werden konnte. Es handelt sich um Kopf und Hals einer Tierfiguv aus Ton. Zwar läßt sich auf den ersten Blick nicht mit unbedingter Sicherheit behaupten, welches Tier dargestellt werden sollte. Von vorn gesehen, erinnert der Kopf — namentlich durch die tief eingebohrten Augen — an einen Fuchs oder einen Hund. Auf letzteren ließe auch das durch einige Linien angedeutete Halsband schließen. In der Seitenansicht ist dagegen die Ähnlichkeit mit den Tieren aus dem Hundegeschlecht nicht so groß, und namentlich der lange Hals läßt vermuten, daß der darstellende Künstler etwa an ein Reh gedacht habe. Immerhin ist der Kopf recht geschickt gearbeitet und wirkt äußerst lebensvoll. Auf jeden Fall wird dieses interessante Stück die Prähistoriker noch viel beschäftigen.
Zu den Geräten aus Ton gesellen sich solche aus Horn und Knochen. Hierzu gehören namentlich Ackerbaugeräte, die'aus Hirschgeweih gefertigt sind. An der Durchbohrung sowie an der Abnutzung der schräg geschnittenen Schneide läßt sich erkennen, daß wir es mit Hacken und nicht etwa mit Waffen oder Setzkeilen zu tun haben. Neben diesen Hacken hat sich auch ein durchbohrter Knochenhammer gefunden, der vom Bahnende bis zur Schneide mit Punktkreisen verziert ist, d. h. mit Kreisen, deren Mittelpunkt ebenso tief eingestochen worden ist wie die Peripherie eingerissen wurde. Die Punktkreise können nur mit einem zirkelartigen Instrument hergestellt worden sein. Daß die Bevölkerung der Bronzezeit auch Ackerbau trieb, unterliegt keinem Zweifel mehr. Schon während der Steinzeit baute mau in Nord- und Mitteleuropa Hirse, Weizen und Gerste an. Die Anschauung, daß der Getreidebau oder gar der Ackerbau überhaupt erst durch die Römer nach Germanien gebracht worden sei, ist eines der verkehrten Vorurteile, die auf Überschätzung der Einflüsse klassischer Völker auf den Norden beruhen.
Neben dem Ackerbau trieb man damals auch schon Viehzucht. Alle unsere Haustiere waren bereits bekannt. Unter den Knochen, die sich geradezu zahllos in Herd- und Abfallgruben fanden, kommen besonders solche vom Rind, Schwein und Pferd vor. Aber auch Schafe und Ziegen werden schon gezüchtet. Auf einem Steinherde ließen sich große Bruchstücke eines Tongefäßes finden, dessen Wände vom Rande an siebartig durchlöchert sind. Ein derartiges Gefäß wurde — wie noch heute — bei der Käsebereitung verwendet. An die Schafzucht erinnern auch schwere, kegelförmige und oben durchlochte Webegewichte, die dazu dienten, die Kettenfäden des einfachen Webestuhles straff nach unten zu ziehen. Diese Webegewichte fehlen weder bei dem Webstuhl der Penelope auf dem bekannten Vasenbilde, noch bei einfacheren Webstühlen wie sie