Heft 
(1911) 19
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12. (9. außerordentliche) Versammlung' den XIX. Yereinsjahres.

Der Verabredung gemäß hatten sich alle Teile der Gesellschaft gegen 1 / 2 5 im Schloßpark zu vereinigen, dessen gegenwärtiger Besitzer, Dr. phil. Walter Rathenau, in liebenswürdigster Weise die Besichtigung von Park und Schloß erlaubt hatte. Das seit dem Tode der Königin Friederike Luise, also seit 105 Jahren unbewohnt gebliebene Schloß ist in den letzten Monaten in allen Teilen nicht sowohl einem Umbau als einer Erneuerung unterzogen worden, die in pietätvoller Art das Alte nach Möglichkeit erhalten oder getreu wiederhergestellt hat. Der Besitzer machte hierüber selbst, nachdem er die Gesellschaft persönlich durch die meisten Räume des Schlosses geleitet, auf der Terrasse vor dem sogenannten Teehäuschen eingehende Mitteilungen. Nach seinem Bericht ist das ein längliches Rechteck bildende zweistöckige Schloß mit 5 Fenstern an den Längs-, 4 an den Schmal­seiten in seiner architektonischen Schlichtheit, von der Bauherrin der Königin Friederike Luise, bestimmt gewesen, im Unterstock sie selbst, im Oberstock aber den König Friedrich Wilhelm III. und ihre Schwieger­tochter, die Königin Luise aufzunehmen, wenn diese, was in den Jahren 18001803 häufig geschah, mit den Königlichen Kindern für längere Zeit zum Besuch kam. Schloß und Park haben manchmal von dem fröhlichen Lachen der Kinder wiedergehallt. Die innere Einrichtung der neue Be­sitzer hat nach abgeschlossenem Kauf auch die bereits nach Charlottenburg geschafften Möbel nach Vereinbarung mit dem Oberhofmarschallamt wieder­erworben weist neben den steifen Stilformen des Directoire und des Empire auch bequeme Möbel auf. Die Wände sind in einer Anzahl von Räumen mit Stofftapeten, doch auch mit merkwürdigen Papiertapeten be­kleidet, die eine Vorliebe für chinesischen und japanischen Geschmack be­kunden, wie solche in der Rokokozeit bestand. Besonders wirkungsvoll und eigenartig erscheinen Wanddekorationen von Vögeln, Schmetterlingen, und hohen Stauden. Manches erinnert an den Biedermeierstil, der sich ja um jene Zeit vorbereitete. Den Park fand der neue Besitzer etwas ver­nachlässigt vor, dieser Eindruck ist aber, wenigstens in der nächsten Um­gebung des Schlosses, inzwischen vollständig getilgt. Von der Höhe der Terrasse genoß man den prächtigen Anblick von Blumenpartien im schönsten Flor des Sommers und darüber hinaus in die Landschaft und auf den gegenüberliegenden Schloßberg mit dem Bismarck-Turm. Nach von Dr. Rathenau freundlich angebotenem Imbiß machte die Gesellschaft noch am dämmernden Abend einen Rundgang durch den ausgedehnten, sich an der Hügelkette hinziehenden Park. Der Rest des Abends verging im AVartesaal des Bahnhofes in angeregter Unterhaltung mit den Freienwalder Gast­freunden und im Meinungsaustausch über die tagsüber gehabten Eindrücke.

Diesem Bericht u. M. Herrn August Foerster seien noch folgende Nachträge angeschlossen.

I. Museum und Literatur. Herr Zeichenlehrer Scheffler Kustos der Sammlungen, unterstützte Herrn Dr. Fiddicke bei der Führung bestens.