Heft 
(1911) 19
Seite
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Kleine Mitteilungen.

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Dr. Krünitz betitelt seine AufzeichnungenEine Ehrenrettung der russischen Armee und beginnt seine Erzählung mit der Schilderung des russischen Übergangs über die Oder im Anfang des Monats August 1759. An einem Montag, so berichtet Krünitz, morgens gegen 9 Uhr, wurde die Stadt Frankfurt durch einen von einem Trompeter begleiteten russischen Offizier, von Bülow, vor der aufgezogenen Zugbrücke aufgefordert, sich zu übergeben.Ich befand mich, nebst dem Kommandanten, dem Magistrat und einigen Professoren am Brückentore. Kommandant von Arnim lehnte das Begehren des Russen ab. Letzterer bewilligt eine halbe Stunde Bedenk­zeit und bemerkte, daß er am Tage vorher als Bauer verkleidet in Frankfurt umhergewandert und ganz genau über die Stärkeverhältnisse der Garnison unterrichtet sei. Der russische Offizier fügte hinzu, daß bei abschlägiger Antwort, die Stadt mit Bomben beworfen werden sollte. Trotzdem nun auf Anraten des Magistrats, um die Stadt zu schonen, die Garnison die Stadt verließ, setzte doch das Bombardement punkt 10 Uhr ein. Die ersten drei Bomben waren mit Sand gefüllt und nur diesem Umstande ist es zuzu­schreiben, daß größeres Unheil verhütet wurde. Der erste Schuß fiel von der auf dem Judenberge errichteten Batterie; er schlug in die Tuchmacher­straße ein und tötete ein auf der Straße gehendes Kind. Die zweite Bombe war auf die Oberkirche gerichtet und fiel auf die Amtswohnung des Stadtmusikus. Sie zerschmetterte das Dach und richteteauf der Dachstube unter den musikalischen Instrumenten und Noten eine traurige Verstimmung und klägliche Zerstörung an. Ehe die dritte Bombe in Aktion trat, hatte der Magistrat die Stadt übergeben.

Nun rückte russische Kavallerie sowie Infanterie in die Stadt ein. General Fermor befehligte das Corps und gab auch den Auftrag, der abge­zogenen preußischen Garnison nachzusetzen. Letztere wurde nach heftiger Gegenwehr gefangen genommen. General Fermor quartierte sich in der Oderstraßezwei Häuser von meiner Wohnung ein und ließ seine Soldaten auf dem Markt biwakieren. ' Den besiegten Major von Arnim behandelte Fermor mit größter Zuvorkommenheit und ließ ihm auch seinen Degen zurückgeben.

Und nun schreibt Krünitz wörtlich:Die strenge Manneszucht, die der General Fermor bei der Garnison beobachten ließ, die religiösen Gesinnungen, die er in Gesprächen äußerte und das teilnehmende Vergnügen, welches er an gelehrten Unterhaltungen bezeigte, wovon ich sehr oft Augen- und Ohren­zeuge zu sein das Glück hatte, machen sein Andenken unvergeßlich. Auch in der spätesten Nacht konnte ich mitten durch die auf dem Markte gelagerten Russen ohne Gefahr meinen damals überhäuften praktischen Ge­schäften nachgehen.Am anderen Tage war Sonntag und wohnte

General Fermor dem Gottesdienste bei. Schon um 7^2 Uhr erschien er in der Sakristei und befahl dem Inspektor, nach der Predigt das Gebet, welches er ihm in die Feder diktieren wolle, zu tun. Da der Inspektor wegen schwacher und zitternder Iland nicht schreiben konnte, übernahm ich das Geschäft. . .

Das Gebet lautete:

Da wir, o Gott, nach Deinem, weisen und unerforschlichen Rate, uns jetzt unter dem Schutze der großen Kaiserin von Rußland be-