Heft 
(1911) 19
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16. (4. ordentliche) Versammlung des XIX. Vereinsjahres.

die Gipfel der märkischen Bergriesen wie alte Burgfesten aus den an­grenzenden Kreisen herübergrüßen, liegt das Land offen, und wahrschein­lich von hier aus nahm bereits in vorgeschichtlicher Zeit die Kultur ihren Weg nach Norden.

Neuerdings ist der' Teltow in mustergültiger Weise kartographisch dargestellt worden durch die im Verlage von Willy Holz, Berlin Kochstr. 0 1910 erschienene sechsfarbigeSylva-Karte des Kreises Teltow im Maß­stabe 1: 100 000 (Preis 75 Pfennig). Sie ist genau, klar und außerordent­lich übersichtlich, weil die rot gezeichneten Chausseen das Bild scharf gliedern. Die neuesten Veränderungen sind sorgfältig berücksichtigt,

selbst in den Nachbargebieten, und während die übrigen Karten dem Hungrigen Wolf und derTotenschenke an der Lübbener Heerstraße dasewige Leben zuschreiben, obwohl diese ehrwürdigen Gebäude sich längst mit mathematischer Genauigkeit in nichts aufgelöst haben, setzt die Sylvakarte einehemal. vor die Bezeichnung. Den Nutzen solcher

Karten ermißt nur der Wanderer von Passion, wenn er hilflos in

märkischer Heide zwischen 1000 Weihnachtsbäumen am Kreuzweg unterm Wegweiser mit den abgebrochenen Armen steht. Was der Sylvakarte

aber ganz besonderen Wert verleiht, ist das von Geheimrat Friedei verfaßte Geleitwort, welches namentlich die historische Entwicklung des Kreises, der eine eigentliche Geschichte nicht besitzt, weil er nie eine einheitliche Herrschaft bildete, kurz und knapp schildert, ohne etwas Wissenswertes unberührt zu lassen. Die Kunst der Darstellung, die Wesentliches und Unwesentliches scharf unterscheidet und stets die Hauptsache trifft, tritt überall glänzend hervor.

Nach einer kurzen geographischen Einleitung werden die Urzeit und die vorgeschichtlichen Epochen deutlich skizziert, die wichtigsten Funde aufgeführt und die Erinnerungen an die Wendenzeit namhaft gemacht. Über die Schwelle der märkischen Geschichte schreitet Jakzo der Wende, und auf der Grenzscheide zwischen Mittelalter und Neuzeit steht wie zwischen Sage und Geschichte der trutzige Roßkamm aus Berlin, Hans Kohlhase, halb Bürger, halb Ritter. Etwa 100 Jahre später beginnt Paul Gerhardt in Mittenwalde durch geistlichen Zuspruch die Leute zu lindern, die der schreckliche Krieg geschlagen, und wieder 100 Jahre darauf be­völkern Friedrich Wilhelm I. und sein großer Sohn die noch immer schwach besetzten Leute mit böhmischen und pfälzischen Kolonisten. 1813 werden die Franzosen bei Großbeeren zurückgeworfen und die Hauptstadt durch den Heldenmut preußischer Truppen gerettet. Die neuste Zeit der teltowschen Kreises steht im Zeichen des Verkehrs, wie der Bau der Potsdamer Bahn (1838), der Anhalter (1840) und des Teltower Kanals (1906) bezeugt. Aber auch der wirtschaftliche Betrieb (Rieselfelder) und die Industrie (Spindlersfeld, Wildau) erfahren einen gewaltigen Aufschwung. Dem entspricht eine Zunahme der Bevölkerung, wie sie in keinem andern