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Kleine Mitteilungen.
Allerhand Aberglaube aus der Provinz Brandenburg, besonders aus Prenzlau. Ueber mein kleines Buch über Verbrechen und Aberglaube waren irn Sommer 1908 in verschiedenen Zeitungen ausführliche orientierende Aufsätze erschienen, vielfach mit der Aufforderung an die Leser, mir die ihnen bekannten Materialien mitzuteilen. Auf diese Weise habe ich manchen interessanten Stoff erhalten, der sonst verloren gegangen ^väre. Unter anderin schrieb mir auch ein Zigarrensortierer Viehstädt aus Berlin, er wissse mancherlei aus eigener Erfahrung über den Aberglauben und wolle mir dies gern mitteilen. Ich bat ihn um seinen Besuch. Pis erschien ein etwa (iOjähriger einfacher Mann, der im allgemeinen einen ganz vernünftigen Eindruck machte, der in manchen Beziehungen dem Aberglauben kritisch gegenüberstand, vielfach aber ihn auf seine Art zu deuten suchte. Verschiedene Bemerkungen von ihm legen sogar den Verdacht nahe, daß er geistig nicht ganz normal ist, Spuren von Größenwahn und von Verfolgungswahn ließen sich konstatieren, ob sie freilich auf eine pathologische Anlage hinweisen, vermag ich natürlich nicht zu entscheiden. Wie dem aber auch sein mag: jedenfalls sind diejenigen Tatsachen, die er mir erzählte, durchaus glaubwürdig, da ich sie nicht aus ihm herausfragte, ihm vielmehr nur ein Stichwort gab, worauf er erklärte, ob ihm darüber etwas bekannt sei oder nicht und dann evt. das ihm darüber Bekannte in freier Rede entwickelte. Was er mir erzählte, ist auch sonst in gleicher oder ähnlicher P’orm dem Volksglauben bekannt, nur die eigenartige Erklärung, die er für manchen Aberglauben hatte, ist sein eigenes, vielleicht krankhaftes, Geistesprodukt. Er gab auch jedesmal klar zu erkennen, ob er über den Volksglauben beziehungsweise über das, was er selbst an derartigen Vorkommnissen erlebt hatte, berichtete oder ob er sich eine Erklärung für die ihm sonst nicht verständlichen Phänomene oder Anschauungen zu geben suchte.
In Wittstock in der Ostpriegnitz geboren, kam Viehstädt später nach Prenzlau. Er erzählte unter anderm, man habe ihn dort öfter auf der Straße hypnotisieren wollen, seine P^einde hätten Klopfgeister geschickt, er könne auch durch den Kopf mit Toten sprechen, er habe eines Tages eine Stimme gehört, die rief: „Kreuzige ihn!“ Er sei auch sonst von seinen P’einden verfolgt worden, er wäre aber klüger als sie alle zusammen. Im Jahre 1901 sei er aus Prenzlau fortgezogen, es sei ihm immer so gewesen, als ob er fortgezogen werde, er habe oft furchtbar geschwitzt und nicht gewußt, wo ihm der Kopf stände Seitdem hält sich Viehstädt in Berlin auf. Was ich von ihm über mich interessierende abergläubische Vorstellungen erfahren konnte, ist folgendes:
1. P’reimaurer im Volksglauben.
In Prenzlau ist eine P'reimaurerloge zu den drei Weltkugeln. Die P^enster des Hauses sind weiß verhangen. Auf drei Ecken des Hauses befindet sich auf dem Dach eine Kugel. Unten im Hause wohnt eine pensionierte Pfarrerswitwe. Im Hause ist ein schwarzer Sarg mit goldenen Füßen, eine Art Schlange liegt um den Sarg herum. Auch befindet sich auf ihm ein Bohrer abgezeichnet, eine Art Kreisbohrer. Ferner ein Stamm mit einer Säge, an der eine große Kugel ist. Die Freimaurer stehen mit dem Teufel